: Rücktritt gefordert
In Thailands Hauptstadt Bangkok demonstrieren zehntausende gegen Ministerpräsident Thaksin
BANGKOK taz ■ „Raus mit dir, Thaksin“, skandierte die Menschenmenge auf dem Versammlungsplatz im Herzen Bangkoks. „Er ist nicht fair gegenüber dem Volk“, sagt die Geschäftsfrau Pound. „Er regiert das Land wie ein Unternehmen, doch das Land ist kein Unternehmen.“ Ein anderer Demonstrant empört sich: „Er ist so reich, aber ein Betrüger. Er sorgt sich nur darum, dass seine Familie gut versorgt ist.“
Für die rund 60.000 Protestler ist klar: Der Premier Thaksin Shinawatra hat die moralische Autorität verloren, das Land zu regieren. Hauptgrund für die Empörung: Thaksins Familie beziehungsweise seine Kinder hatten kürzlich ihren Anteil von knapp 50 Prozent des von Thaksin gegründeten Kommunikationskonzerns Shin Corp an die Temasek Holding in Singapur verkauft. Für den Deal erhielt der Shinawatra-Clan umgerechnet 1,6 Milliarden Euro. Die Shin Corp, bis dato Thailands größter Mobilfunkanbieter, dominierte das Satellitengeschäft und hielt Anteile an Funk- und Fernsehkanälen. Kritiker sprechen von einem Ausverkauf wichtiger thailändischer Wirtschaftszweige. Die besondere Crux: Die Transaktion war so geregelt worden, dass Thaksins Familie den Deal nicht versteuern musste.
Der Premier konterte, er habe nichts Unrechtes getan. In seiner wöchentlichen Radioansprache vom Samstag erklärte er, er trete nicht freiwillig zurück. Nur der König könne dies verlangen.
Aufgerufen zu der Massenrallye hatte der Medienmogul Sondhi Limthongkul. Sondhi erklärte gestern, es sei gelungen, dem offiziellen Vertreter des Königs eine Petition mit der Forderung nach Thaksins Rücktritt zu überreichen. Der Medienbaron, einst ein enger Verbündeter des Regierungschefs, wirft dem Premier heute Korruption und Einmischung in die Pressefreiheit vor. Thaksin hatte seine Unternehmensanteile am Konzern Shin Corp zwar kurz vor seinem Amtsantritt 2001 seiner Familie überschrieben. Doch seine Amtsführung, gekennzeichnet durch zunehmenden Druck auf regierungskritische Medien und die Verflechtung politischer Interessengruppen mit der Wirtschaft, brachte ihm den Titel „Asiens Berlusconi“ ein.
Thaksins politisches Ansehen ist ambivalent. Angesichts fallender Popularitätswerte hatte er sich kürzlich bei einem Besuch eines verarmten Dorfes mehrere Tage rund um die Uhr von TV-Kameras begleiten lassen. In den Nordprovinzen, traditionell Hochburgen seiner Partei „Thais lieben Thais“, genießt er weiter viel Unterstützung. Als seine schärfsten Kritiker gelten Angehörige der Bangkoker Mittel- und Oberschicht sowie die Bewohner der muslimisch dominierten Südprovinzen. Diese werfen der Regierung Amtsmissbrauch und Diskriminierung der Muslime vor. NICOLA GLASS