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Archiv-Artikel

Fairer Ficken zur WM

Landes-CDU will Sex mit Zwangsprostituierten unter Strafe stellen. Anders als andere Bundesländer positioniert sich die Landesregierung jedoch nicht öffentlich gegen Menschenhandel zur Fußball-WM

VON MIRIAM BUNJES

Sex mit Prostituierten, die ihren Beruf nicht freiwillig ausüben, soll in Nordrhein-Westfalen noch vor der Fußball-Weltmeisterschaft ein Straftatbestand werden. Das forderte die frauenpolitische Sprecherin der regierenden CDU-Fraktion, Maria Westerhorstmann, gestern gegenüber der taz. „Ich weiß, dass ich dabei die Mehrheit der Fraktion auf meiner Seite habe.“

Die Nachbarländer Hessen und Rheinland-Pfalz haben bereits eine Gesetzesinitiative auf den Weg gebracht, um die Menschenhandelsparagraphen im bundesweit geltenden Strafgesetzbuch zu ändern. „Wir müssen überall in Deutschland davon ausgehen, dass zur WM tausende Prostituierte aus aller Welt anreisen“, sagt Leonie Beving vom Frauenhilfeverein Solwodi NRW. „Und von diesen Frauen sind leider nicht alle freiwillig hier.“

Strafe müssen die Freier bislang nicht fürchten, wenn sie mit einer unfreiwilligen Prostituierten schlafen. „Mit einem veränderten Gesetz würden die Männer schon aus Eigeninteresse Zwangsprostitution boykottieren“, sagt Westerhorstmann.

Wie viele Zwangsprostituierte zum sportlichen Großereignis hierher verschleppt werden, weiß niemand – spekuliert wird trotzdem: 40.000 zusätzliche Prostituierte sollen insgesamt nach Deutschland kommen, schätzt der Städtebund und beruft sich aufs BKA. Eine Zahl, die die meisten Prostituierten-Anlaufstellen für zu hoch halten. „Zu anderen Groß-Events kamen auch nur ein paar hundert“, sagt Renate Hildburg von der Essener Beratungsstelle Nachtfalter. „Allerdings werden zu diesem Fußball-Ereignis hauptsächlich Männer kommen, da wird dann das große Geschäft gesehen.“ Die Sozialarbeiterin wird zusammen mit ihren KollegInnen vor den Ruhrgebietsstadien Flyer verteilen, die potentielle Freier für das Thema sensibilisieren sollen.

Das planen auch die Dortmunder Prostituierten-Beratungsstellen. „Wir hoffen, dass die Männer sich bei uns oder bei der Polizei melden, wenn sie den Eindruck haben, dass die Frau eingesperrt wird“, sagt Gisela Zorn von der Mitternachtsmission.

Öffentliche Kampagnen gegen Zwangsprostitution plant die schwarz-gelbe Landesregierung jedoch nicht. „Das ist ein Skandal“, sagt Barbara Steffens, frauenpolitische Sprecherin der Grünen. Ihre Fraktion hatte die Regierung in der vergangenen Woche aufgefordert, die Kampagne des Deutschen Frauenrats „Rote Karte für Zwangsprostitution“ zu unterstützen und die Aufklärungsarbeit der Vereine im Land aktiv zu unterstützen. Innenminister Ingo Wolff (FDP) hält die bestehenden Sicherheitskonzepte der Polizei jedoch für ausreichend. Zudem würden die Beratungsstellen hervorragende Arbeit leisten. Im Hinblick auf die WM habe man ihnen die Fördermittel trotz „unabweisbarer Sparzwänge“ nicht gekürzt. „Zusätzlicher Maßnahmen und Haushaltsmittel bedarf es nicht“, sagte der Innenminister im Landtag.