Müllabfuhr steht vor dem Streik

Gewerkschaft trifft Vorbereitungen für einen großen und langen Arbeitskampf im öffentlichen Dienst. Urabstimmung ab heute bei der Stadtreinigung. Auch Streiks in Theatern und Kliniken drohen. Ver.di ruft Bürgermeister Ole von Beust zum Einlenken auf

von Kai von Appen

Die Zeichen im öffentlichen Dienst in Hamburg stehen auf Streik. Und das sogleich an drei Fronten. Dennoch sendet der Landeschef der Gewerkschaft ver.di, Wolfgang Rose, noch eine Botschaft an Ole von Beust. „Der Bürgermeister ist in der Lage, auf allen drei Baustellen den Konflikt sofort zu beenden“, so Rose gestern. Sonst aber gehe es Montag los. Bei der Stadtreinigung beginnt heute die Urabstimmung. Aber auch andernorts müsse mit Arbeitskämpfen gerechnet werden. „Streiks sind auch ohne Urabstimmung möglich“, erläutert Rose. „Es geht immerhin um 2.500 Arbeitsplätze.“

Die Tarif-Materie in Hamburg ist kompliziert: Wurde früher der Tarifpoker auf Bundesebene ausgetragen, da Bund, Länder und Gemeinden eine Tarifgemeinschaft bildeten, ist durch den Ausstieg der Länder nun ein separates Procedere notwendig.

Hinzu kommt, dass Hamburg als Stadtstaat mit der „Arbeitsrechlichen Vereingung Hamburg“ (AVH) zugleich auch kommunaler Arbeitgeber ist. Die AVH hat zwar den zentral ausgehandelten Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) anerkannt, aber die Arbeitszeitregelungen darin gekündigt, da der CDU-Senat eine Arbeitszeitverlängerung von 38,5 auf 40 Wochenstunden anstrebt.

Und der dritte Komplex sind die städtischen Kliniken, die im September 2005 wegen des TVöD-Abschlusses aus dem AVH geflüchtet waren und den „Krankenhaus Arbeitgeberverband Hamburg“ (KAH) gegründet haben. In allen drei Bereichen hat der CDU-Senat als Eigentümer oder Mehrheitsanteilseigner das Sagen. „Der Senat kann jederzeit seinen Konfrontationskurs aufgeben“, so Roses Wink, „und den TVöD bei der Stadt, den städtischen Betrieben und den Krankenhäusern anerkennen.“

Stattdessen findet zurzeit aber ein medialer Schlagabtausch über Sinn und Unsinn der 40-Stundenwoche mit Zahlenspielen statt. Während die Finanzpolitiker ihre Forderung mit der „18“ zu verniedlichen versuchen, kontert Rose nun mit einer knallharten „4“. Nur 18 Minuten mehr arbeiten pro Tag seien immerhin 1,5 Stunden die Woche und zwei Wochen Mehrarbeit ohne Lohn aufs Jahr gerechnet, so Rose. Für die Beschäftigten bedeute dies nicht nur 4-Prozent Lohnverzicht, rechnet er vor, sondern auch 4-Prozent mehr Arbeitslosigkeit. Denn schon längst sei die Arbeitszeitverlängerung in den Wirtschaftsplänen hochgerechnet worden.

So gehe Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) von einem Jobabbau von 1.500 Leuten aus, die städtischen Betriebe und Krankenhäuser rechneten mit nochmal 1.000 Jobs weniger. „Ingesamt sollen 2.500 Beschäftigte um ihren Job gebracht werden“, schimpft Rose. Hinzu kämen 4-Prozent weniger Ausbildung, 4-Prozent mehr Stress und weniger Gesundheit, 4-Prozent weniger Kaufkraft, 4-Prozent weniger Einnahmen bei Steuern und Sozialabgaben.

Auch bei der Stadtreinigung stehen bei einer 40-Stundenwoche 100 Stellen zur Disposition. „Deswegen sind die Kollegen leicht vom Streik zu überzeugen“, sagt Personalrat Rainer Hahn. „Eine weitere Leistungsverdichtung macht niemand mit.“ Schon jetzt lege ein Müllwerker bei der Müllabfuhr täglich rund 15 Kilometer zurück und bewege dabei 500 Tonnen. Wenn auch die Stadtreinigung mit ihren Sparten Müllabführ und Straßenreinigung als Schwerpunktbetrieb gehandelt wird, sind laut Rose Streiks auch in Theatern oder Kliniken denkbar. „Hier wird es zwar keine Erzwingungsstreiks geben, aber eintägige Warnstreiks.“