: Teurer fliegen für bessere Arznei
Der Druck auf die Bundesregierung nimmt zu, eine Abgabe auf Flugtickets zu beschließen. Frankreich will es wissen: Mehr Geld für die Armutsbekämpfung?
BERLIN taz ■ Von Berlin nach Nizza für 29 Euro: Auf Billigflieger-Preise schlägt die französische Regierung ab dem 1. Juli einen Euro drauf. Nicht zur Abschreckung, sondern um Arzneimittel gegen Aids, Malaria und Tuberkulose in Afrika zu bezahlen. Während die neue Entwicklungsabgabe auf Flugtickets zunehmend Anhänger findet, kann sich die deutsche Bundesregierung noch zu keiner eindeutigen Position durchringen.
Weil Geld für die Armutsbekämpfung in Afrika, Asien und Lateinamerika fehlt, wird auf internationaler Ebene seit gut einem Jahr über Abgaben von einem bis 40 Euro pro Flugticket diskutiert. Beim Gipfel der Vereinten Nationen im September 2005 haben unter anderem Frankreich, Deutschland, Brasilien und Chile einen grundsätzlichen Plan vorgelegt.
Die Konkretisierung in Deutschland fehlt allerdings bislang. „Der Diskussionsprozess ist im Gange“, sagte gestern Heidemarie Wieczoreck-Zeul (SPD), Bundesministerin für Wirtschaftliche Zusammenarbeit. Das Finanzministerium hält sich bedeckt, will das Thema nicht zu sehr in den Mittelpunkt stellen, weil man die öffentliche Diskussion scheut. Und bei der Union sind Zweifel zu hören, ob das Vorhaben international durchsetzbar sei.
Der Druck auf die Bundesregierung freilich nimmt zu. Kemal Dervis, der Leiter des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP), sagte gestern in Berlin, dass er noch in diesem Jahr mit ersten Mitteln aus der Flugticket-Abgabe rechne.
Bis Ende Februar wird sich die schwarz-rote Bundesregierung entscheiden müssen. Ab dem 28. Februar findet auf Einladung des französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac in Paris eine internationale Konferenz über Entwicklungsfinanzierung statt. Im Mittelpunkt dieses Treffens auf Ministerebene stehen die so genannten innovativen Finanzierungsinstrumente. Damit sind Maßnahmen jenseits der traditionellen zwischenstaatlichen Entwicklungshilfe gemeint. So treibt die britische Regierung den Versuch voran, mit einer Fonds-Lösung zusätzliches Geld auf dem privaten Kapitalmarkt zu beschaffen.
Auch in Skandinavien wird mittlerweile über die Flugticket-Steuer diskutiert. Grundsätzliche Bereitschaft hat die neue rot-grüne Regierung von Norwegen erklärt. Der sozialdemokratische Außenminister Jonas Gahr Støre unterstützt eine solche Steuer, will deren Einführung in Norwegen aber möglichst davon abhängig machen, dass mehr Länder als Frankreich hierzu bereit sind. HANNES KOCH
REINHARD WOLFF