Beredte braune Brieffreundschaft

NSU-PROZESS In einem langen privaten Brief an einen inhaftierten Neonazi macht Beate Zschäpe aus ihrer rassistischen Geisteshaltung keinen Hehl. Nebenkläger wollen den Brief in das Verfahren einbringen

HAMBURG taz | Vor Gericht schweigt sie. In ihrer Zelle in der JVA Stadelheim aber teilt sich Beate Zschäpe mit – per Post. Seit Monaten pflegt die Hauptbeschuldigte im NSU-Verfahren eine intensive Brieffreundschaft mit dem Rechtsextremisten Robin Sch., der in der JVA Bielefeld-Senne einsitzt.

Zschäpe soll in der Untersuchungshaft viel Post bekommen. Briefe von Verehrern, teilweise mit Nacktaufnahmen. Als „Deppen“ soll die 38-Jährige diese Fans gegenüber Mitgefangenen bezeichnet haben. Robin Sch. aber hat sie geantwortet. Der 29-Jährige aus der Dortmunder Neonazi-Szene überfiel am 2. Februar 2007 eine Lebensmittelfiliale. Viermal schoss er mit einer Waffe auf den damals 60-jährigen Tunesier Mustafa Rabai, der nur durch eine Notoperation gerettet werden konnte. Robin Sch. behauptete, ein Freund, der ein Spitzel des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalens war, habe ihn zum Überfall aufgefordert und ihm die Waffe besorgt. Das Landgericht Dortmund verurteilte Sch., der sein Opfer noch im Prozess als „Eseltreiber“ beleidigte, zu acht Jahren Haft.

Mehr als zwei Dutzend Briefe und Postkarten soll ihm Zschäpe gesendet haben. Seit Tagen kursiert ein 26-seitiger Brief von ihr, den sie Robin Sch. vor Beginn des Verfahrens schrieb. In den handschriftlichen Schreiben mit kleinen Zeichnungen wird sie sehr persönlich – inklusive kleinen Neckereien und erotischen Anspielungen. Sie vertraut dem mutmaßlichen Anhänger der militanten Dortmunder „Combat 18“-Zelle an, dass sie mit keinem unvoreingenommenen Prozess rechne. Und sie klagt über das Haftessen. Für eine Thüringer Rostbratwurst und Grillhaxe würde sie „nackt ein Rad schlagen“. Deutlich wird, dass sie es gewohnt zu sein scheint, mit Männern umzugehen, sie zu lenken, zu dominieren. Äußerst selbstbewusst tritt Zschäpe ihnen entgegen, um gleich wieder kokett zu tun.

Ihre Gesinnung wird deutlich, wenn sie schreibt, die „Baggersprüche“ mancher „Südländer“ seien das Hinterletzte für sie.

Zschäpes Brief hatte das Oberlandesgericht München bei der Postkontrolle nicht beanstandet. Erst in der JVA Bielefeld-Senne wurde er beschlagnahmt. Die Anwälte der Nebenkläger fordern, ihn ins Verfahren einzubringen. Er könne dazu beitragen, die Persönlichkeit der Angeklagten aufzuhellen.

ANDREA RÖPKE, ANDREAS SPEIT