arbeitskampf : Die 18-Minuten-Terrine
Die Rechnung der kommunalen Arbeitgeber ist wunderbar schlicht: Die von ihnen geforderte Wochenarbeitszeitverlängerung von 38,5 auf 40 Stunden im öffentlichen Dienst bedeute doch nur lumpige 18 Minuten Mehrarbeit am Tag. Und wegen so einer Lappalie wollen die Gewerkschaften vielleicht auch demnächst in Nordrhein-Westfalen auf die Barrikaden gehen? Ja, es sieht so aus – und das wäre auch notwendig und richtig, falls sich die Arbeitgeberseite nicht noch eines Besseren besinnt.
KOMMENTAR VON PASCAL BEUCKER
Die plakative 18-Minuten-Rechnung eignet sich hervorragend zur Propagandaschlacht gegen die Gewerkschaften. So hat sie denn auch bereits ihren fröhlichen Einzug in so manchen Zeitungskommentar gehalten. Dabei dient sie nur zur Verschleierung der tatsächlichen Folgen einer Arbeitszeitverlängerung. Wie wäre es mit zwei Gegenrechnungen? Eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit um 1,5 Stunden ohne Lohnausgleich bedeutet, dass die Betroffenen künftig zwei Wochen im Jahr unbezahlt zusätzlich malochen müssten. Und sie würde beispielsweise in einem Kindergarten, in dem zur Zeit noch 26 Erzieherinnen beschäftigt sind, dazu führen, dass dort künftig eine Stelle wegfällt.
Eine Arbeitszeitverlängerung im öffentlichen Dienst bedeutet – allen Dementis der Arbeitgeberseite zum Trotz – den Wegfall von mehreren zehntausend Stellen alleine in Nordrhein-Westfalen. Schließlich kann diese Mehrarbeit ja nur unter dieser Voraussetzung die erwünschten Einspareffekte generieren. Ansonsten bliebe sie für die klammen kommunalen Haushalte folgenlos. Arbeitszeitverlängerung kostet Arbeitsplätze und schafft keine. Es wäre ein Beitrag zur Ehrlichkeit, dies auch so deutlich zu sagen. Das gilt im übrigen nicht nur für die öffentlichen, sondern für alle Arbeitgeber. Die Folge wäre dann allerdings, dass der Widerstand der Gewerkschaften auf ein weit größeres Verständnis trifft.