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Archiv-Artikel

Iran boykottiert ab sofort dänische Waren

Als Strafe für die Mohammed-Karikaturen: Iran unterbricht Handelsbeziehungen mit Dänemark. Bisher betrug das Volumen jährlich rund 235 Millionen Euro. Vor allem Molkereien und Reedereien sind vom Boykott betroffen

STOCKHOLM taz/dpa/ap ■ Iran hat gestern die Einfuhr aller dänischen Güter gestoppt. Diesen Schritt hatte die iranische Regierung bereits am Samstag angekündigt. Mit dem Boykott soll Dänemark für die Mohammed-Karikaturen bestraft werden, die im Herbst in der dänischen Tageszeitung Jyllands-Posten erschienen waren. Noch kurz zuvor hatte die Europäische Union den Iran aufgerufen, auf einen Boykott dänischer Waren zu verzichten. Denn dies würde die bereits angeschlagenen Beziehungen weiter belasten, mahnte ein Sprecher. „Ein Boykott schadet den wirtschaftlichen Interessen aller Beteiligten, auch denjenigen, die boykottieren.“

Da ist der Iran optimistischer. Handelsminister Masud Mir-Kasemi befürchtet keinen wirtschaftlichen Schaden für sein Land, weil der Iran viel mehr aus Dänemark importiere, als er dorthin exportiere. Insgesamt beträgt das Handelsvolumen zwischen den beiden Ländern jährlich rund 235 Millionen Euro. Allerdings sind die dänischen Exporte in den Iran zuletzt um 50 Prozent jährlich gewachsen.

In alle muslimischen Länder Asiens und Afrikas exportiert Dänemark jährlich Waren in Höhe von etwa 1,6 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die Gesamtausfuhr des Landes liegt bei 60 Milliarden Euro, doch 80 Prozent der dänischen Güter und Dienstleistungen gehen nach Europa. Der Export legte im vergangenen November – dem letzten Berichtsmonat – um 16,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zu; das Wirtschaftswachstum lag 2005 bei rund 2,8 Prozent. Mittlerweile leiden erste Branchen unter akutem Arbeitskräftemangel.

Trotzdem bemühten sich die dänischen Firmen bisher sehr, einen möglichen Boykott abzuwenden. Wie die Kopenhagener Tageszeitung Politiken wissen will, seien Mitarbeiter der großen Containerreederei Mærsk schon im Herbst ausgeschwärmt und hätten sich in Gesprächen mit ihren arabischen Geschäftspartnern von den Karikaturen distanziert. Durchaus mit Erfolg: Bislang war kein einziger Transportvertrag gekündigt worden. Damit erwiesen sich die Mærsk-Angestellten bisher als effektivere Diplomaten als der dänische Premier, der eine Stellungnahme zunächst abgelehnt hatte.

Der dänische Industrieverband (DI) hatte sich ebenfalls um Deeskalation bemüht. Mit einer beispiellosen Aktion: Generaldirektor Hans Skov Christensen wandte sich letzte Woche in einem offenen Brief an Jyllands-Posten und verlangte vom Blatt eine öffentliche Entschuldigung gegenüber den Muslimen. Dasselbe tat Novo Nordisk, einer der weltweit führenden Anbieter von Insulin mit – bisher – jährlich 200 Millionen Kronen Absatz in Saudi-Arabien. Der frühere Chef des Dänischen Kulturinstituts in Damaskus, Jørgen Nielsen, kommentierte: „Wir Dänen sind jetzt unseren Ruf los, umgängliche, sympathische Leute zu sein, die gute Butter machen können.“

Bislang am spürbarsten war der Boykott beim Molkereikonzern Arla, der die Entlassung von 109 Mitarbeitern in seinen dänischen Betrieben ankündigte. Schon zuvor waren 800 Arla-Mitarbeiter in Riad nach Hause geschickt worden. Dass der wichtige arabische Exportmarkt für Arla entfällt, betrifft inzwischen selbst schwedische Bauern: Sie wurden vom dänischen Konzern gewarnt, dass sich die Milchabnahme vermindern könnte.

RWO, UH