Paradiesvögel in den Foja-Bergen

Unbekannte Tier- und Pflanzenarten inclusive – ein Forscherteam aus US-Amerikanern, Indonesiern und Australiern entdeckte im indonesischen Dschungel ein Stück unberührter Natur. Fraglich ist jetzt, wie lange die unberührte Natur unberührt bleibt

AUS BANGKOK NICOLA GLASS

„Wir haben bislang nur an der Oberfläche gekratzt“, gibt Bruce Beehler, einer der Expeditionsleiter, offen zu. Doch die ersten Erkenntnisse über die „verlorene Welt“ genügten bereits: Die Forscher der Umweltschutzorganisation Conservation International und des Indonesischen Instituts der Wissenschaften sind in heller Aufregung. Im tropischen Regenwald der Foja-Berge – diese liegen im indonesischen Teil Neuguineas – entdeckten sie mehrere Dutzend neuer Vogel-, Schmetterlings- Frosch- und Pflanzenarten.

Unter anderem entdeckten sie einen zur Spezies der Honigfresser gehörenden Vogel, der in der Wissenschaft bisher völlig unbekannt war und zudem als erste neue Vogelart gilt, die seit 60 Jahren auf Neuguinea gesichtet wurde. Zu den weiteren sensationellen Entdeckungen gehört nach ihren Angaben auch ein „Goldsattel“-Baumkänguru, das bis heute als nahezu ausgestorben galt. Man sei vielen Tieren begegnet, die bemerkenswert wenig Angst vor den menschlichen Besuchern gehabt hätten, so Beehler. Manche konnten die Forscher einfach vom Boden aufheben. Zum Bild des „Garten Eden“ gehört auch ein Rhododendron mit Blüten von fast fünfzehn Zentimetern Durchmesser – den vermutlich größten der Welt.

Das entdeckte Gebiet ist 3.000 Quadratkilometer groß, was etwa der Fläche Luxemburgs entspricht. Es habe dort bislang keinen einzigen Pfad und kein Zeichen von menschlicher Zivilisation gegeben, so Bruce Beehler. „Wir sind mit Hubschraubern hergekommen, und es war wirklich schwierig, sich hier vorwärts zu bewegen.“ Begleitet wurde das Forscherteam, das sich im vergangenen Dezember in den nebelumhüllten Foja-Bergen aufgehalten hatte, von zwei einheimischen Führern des Kwerba- und Papasena-Stammes. Laut Beehler seien seine Führer genauso erstaunt gewesen wie die Wissenschaftler selbst: „Kein Bewohner aus ihren Dörfern, nicht einmal ihre Vorfahren, haben dieses Gebiet offenbar jemals betreten.“

Ob die „verlorene Welt“ und sein Regenwald auch weiterhin unberührt bleiben, ist abzuwarten. Denn mit seinen Tropenwäldern und Naturschutzgebieten betreibt das von Wirtschaftskrisen und Korruption geschüttelte Indonesien seit Jahrzehnten massiven Raubbau. Schätzungen von Experten zufolge werden im Inselreich jährlich zwei Millionen Hektar Tropenwald abgeholzt – 70 Prozent davon illegal. Zum Vergleich: Gab es im Jahr 1950 noch rund 162 Millionen Hektar Regenwald, waren es im Jahr 2000 nur noch 98 Millionen. Indonesien bat vor exakt drei Jahren die internationale Gemeinschaft, kein illegal geschlagenes Holz mehr aus dem Land zu kaufen. Doch das ist scheinheilig: Den größten Teil des illegalen Waldeinschlags verarbeitet Indonesien selbst.

Immer wieder monieren Umweltschützer, dass die Regierung in Jakarta dem Raubbau jahrelang tatenlos zugeschaut habe. Die Gelder wanderten überwiegend in die Taschen politisch einflussreicher Kreise und des Militärs. Als besonders gefährdet gelten derzeit zwei Nationalparks in Nordsumatra. Gerade kritisierten Mitarbeiter des Indonesian Forum for the Environment, dass in beiden Parks massiv illegal gerodet würde. Polizei, Militär und Angehörige der Forstverwaltung seien darin verwickelt.

Den neuen „Garten Eden“ – laut Wissenschaftler Bruce Beehler wohl der „größte ursprüngliche Urwald Asiens“ – ist nach Ansicht des Forscherteams derzeit nicht gefährdet. Die Region liege zu abgeschieden. Doch ganz von der Hand weisen können sie entsprechende Bedenken nicht: Denn die Nachfrage nach tropischen Hölzern ist vor allem in Ostasien ungebrochen.