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Schmökern mit Gewinn

Eine Studie belegt den wirtschaftlichen Nutzen der Bezirksbibliothek Mitte. Das Beispiel könnte Schule machen, weil sie Buchleihen ein griffiges Argument im Kampf um knappe Mittel liefert

VON JÖRG BRAUSE

Nun gibt es ein starkes Argument gegen Einsparungen bei öffentlichen Büchereien. Erstmals in Deutschland belegt eine Studie ihren wirtschaftlichen Nutzen. In der Untersuchung „Was sind uns unsere Bibliotheken wert?“ belegt Autorin Sandra Blanck am Beispiel der Bezirksbibliothek Mitte, dass jeder Euro, der in den Betrieb der Büchereien in Wedding, Tiergarten und Mitte investiert wird, für die Nutzer einen Mehrwert von 3,20 Euro bringt. Die Studie wird im März veröffentlicht.

Darin erstellt Blanck für die Bezirksbibliothek Mitte, die mit gut einer Million Besuchern pro Jahr die nutzungsstärkste Bezirksbücherei in Berlin ist, eine Kosten-Nutzen-Analyse. „Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass sich das Geld, das in öffentliche Bibliotheken investiert wird, sowohl volks- als auch betriebswirtschaftlich auszahlt“, sagt Blanck. Bibliotheken stünden erheblich unter Druck, ihre Bestandsberechtigung ebenso wie die Qualität und Effizienz ihrer Arbeit nachzuweisen. „Da kann eine ökonomische Betrachtung untersteichen, wie wertvoll sie für jeden Einzelnen und die Gesellschaft sind.“

Das findet auch Stefan Rogge, der für die Büchereien in Mitte zuständig ist. „Die Daten der Studie zeigen, dass im Berliner Vergleich bei uns die Leihe von Medien preisgünstiger ist.“ Dieser Berechnung lägen unter anderem die Kosten für Personal, Bücher und Gebäudeunterhalt zu Grunde. Der Preisvergleich spreche für die Wirtschaftlichkeit der Bibliothek. Deshalb ließ sich die Bezirksverordnetenversammlung Mitte überzeugen, den Anschaffungsetat für dieses Jahr um rund 20 Prozent zu erhöhen.

Mit dem Ausleihen von Büchern sparen die Bürger richtig Geld. „Mal angenommen, Leser könnten sich ein Jahr lang keine Bücher und andere Medien ausborgen. Dann entstünden laut Angaben der Befragten durchschnittlich Kosten von 203 Euro für Bücherkauf oder Informationsbeschaffung“, sagt Sandra Blanck. Da überrasche es nicht, dass für 80 Prozent der Besucher finanzielle Vorteile ausschlaggebend sind für eine Ausleihe.

Für ihre Arbeit kombiniert Blanck eine repräsentative Besucherbefragung mit der Ausleihstatistik. Da die Bücherei kein Unternehmen ist, erstellt Blanck eine Modellbilanz: Bücher, Videos, andere Medien und Dienstleistungen, bewertet auf der Grundlage günstiger Ladenpreise. Daraus ermittelt die Expertin einen Jahresumsatz von rund 26 Millionen Euro. Dem stehen als Kosten 4,6 Millionen Euro des Jahresetats gegenüber. Auf Basis dieser Berechnung erwirtschafteten die 10 Stadtteilbüchereien im Bezirk Mitte 2004 unter dem Strich einen Gewinn von gut 21 Millionen Euro.

Klar ist: Der Ertrag stellt lediglich eine virtuelle Größe dar. In der Buchführung der Bibliothek taucht dieser nicht auf. Ihr Ausleihbestand – insgesamt 560.000 Medien – ist eine Ressource, mit der für die Nutzer ein Mehrwert entstehen kann. Über die Hälfte der Befragten gab an, mit ausgeliehenen Medien produktiver tätig zu sein. So nutzen Leser Ratgeber etwa für eine effektivere Jobsuche oder um eine Geschäftsidee umzusetzen. Andere kalkulieren mit EDV-Programmen ihre Finanzen. Die Autorin betont, dass die „Büchereien für 80 Prozent der Befragten zur Lebensqualität beitragen“.

Für ihre Studie wird Sandra Blanck auf dem im März stattfindenden Deutschen Bibliothekstag in Dresden mit dem Innovationspreis 2006 der Bibliotheken-Fachzeitschrift B.I.T. ausgezeichnet. Ihre Argumente könnten auch andere Berliner Bibliotheken anregen, sich nicht nur als Orte der Bildung und der Muße darzustellen, sondern auch ihren gesamtwirtschaftlichen Nutzen zu betonen.

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