: Dienstherr hinter Gittern
Beugehaft für Justizsenator Roger Kusch (CDU) beim Amtsgericht beantragt: SPD und GAL wollen so seine Aussage vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss erzwingen. Kusch spricht von „niveaulosem Spektakel“, Union von „Mätzchen“
Von Sven-Michael Veit
Dem Herrn des Hamburger Strafvollzuges droht ein ungewöhnlicher Perspektivwechsel: Einen Antrag auf Beugehaft für Justizsenator Roger Kusch (CDU) wird heute der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) Feuerbergstraße beim Hamburger Amtsgericht einreichen. Mit dieser Maßnahme wollen die Oppositionsfraktionen von SPD und GAL eine umfassende Aussage des Senators vor dem Gremium erzwingen. Zu klären sei, sagte SPD-Innenpolitiker Andreas Dressel gestern auf einer gemeinsamen Pressekonferenz von Roten und Grünen, „eine Grundfrage der Gewaltenteilung und die Zukunft parlamentarischer Kontrolle in Hamburg“.
Am späten Freitagabend hatte Kusch vor dem PUA die Antwort auf die Frage verweigert, ob der ehemalige Innensenator Ronald Schill im Jahr 2003 die CDU-Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram wegen unzureichender Sicherheitsmaßnahmen im Geschlossenen Heim massiv kritisiert habe. Nach rechtlicher Prüfung während einer Sitzungsunterbrechung erklärte der Arbeitsstab des PUA, ein siebenköpfiges juristisches Beratergremium, dass der Senator kein Recht auf Aussageverweigerung habe. Kusch aber beharrte auf seiner Rechtsauffassung und blieb stumm. Nach mehreren Beratungspausen wurde deshalb gegen 23.15 Uhr die Sitzung vertagt.
Zuvor hatte die CDU-Mehrheit im Ausschuss einen rot-grünen Antrag abgelehnt, nach § 25 des Hamburger PUA-Gesetzes (siehe Kasten) ein Ordnungsgeld gegen Kusch zu verhängen. Daraufhin beantragte die GAL das noch härtere Mittel der Erzwingungshaft. Dieser Antrag wurde von Rot-Grün als Minderheitenrecht beschlossen und gilt nun als Beschluss des gesamten PUA. Der stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, Kai Voet van Vormizeele, muss diesen Antrag deshalb heute offiziell beim Amtsgericht stellen. Es sei „mit einer zügigen Entscheidung“ zu rechnen, so Thomas Böwer, Obmann der SPD im PUA.
„Senatoren können keine Sonderrechte haben“, findet GAL-Obfrau Christiane Blömeke. Regierungsmitglieder dürften nicht, so die Überzeugung der rot-grünen PUA-Mitglieder, „sich durch Aussageverweigerungen aus der Verantwortung stehlen“. Sonst könnte die Bürgerschaft Untersuchungsausschüsse „gleich abschaffen“.
Beiden Fraktionen gehe es „nicht darum, Herrn Kusch ins Gefängnis zu bringen“, versicherten Blömeke und Böwer: „Wir wollen, dass er aussagt“, und sei es unter Zwang. „Der Ball liegt jetzt beim Senator“, er müsse nur bereit sein, „dem PUA Rede und Antwort zu stehen.“
Kusch sprach gestern kurz angebunden von einem „niveaulosen Spektakel“ der Opposition, Voet van Vormizeele schalt SPD und GAL, „sich auf Mätzchen zu verlegen“. Aus Sicht der CDU habe Kusch nicht antworten müssen, der „Minderheitenantrag auf Erzwingungshaft“ sei deshalb „unbegründet und unangemessen“.
Einen „Präzedenzfall“ sieht hingegen Blömeke: „Es darf einfach nicht sein, dass ein Zeuge definiert, wann er eine Aussage macht und wann nicht.“