Börsen auf Talfahrt

MARKT Chinesische Banken verleihen zu viel Geld zu viel zu hohen Zinsen. Nun droht eine Finanzkrise

PEKING rtr | Nach dem Beinahe-Crash vom Freitag drängt Chinas Zentralbank die Geschäftsbanken bei der Kreditvergabe zu mehr Vorsicht. Am Montag erreichte sie mit dieser Mahnung jedoch nur, dass die Aktienkurse nach unten rutschten. Bank-Aktien fielen in Schanghai so stark wie seit November 2008 nicht mehr.

Die Furcht vor einer Finanzkrise in China verdarb auch den europäischen Aktienanlegern den Start in die neue Woche. „Investoren haben Angst, dass die derzeitigen Spannungen im chinesischen Bankensystem das Wachstum der Volksrepublik weiter schwächen könnten“, sagte ein Händler. Der deutsche Leitindex fiel zeitweise um 1,5 Prozent auf 7.671 Zähler und markierte damit den tiefsten Stand seit Ende April. Der europäische Leitindex EuroStoxx50 gab zwei Prozent nach.

Auf dem chinesischen Markt hatten zuletzt die steigenden Geldmarkt-Zinsen für Unruhe gesorgt. Weil sich die chinesische Zentralbank weigert, den Markt weiterhin mit Geld zu fluten, versuchen sich die Banken bei anderen Geldhäusern einzudecken. Die starke Nachfrage hatte die Zinsen für kurzfristige Darlehen am Freitag zeitweise auf 25 Prozent in die Höhe schießen lassen und die Furcht vor einer Finanzkrise geschürt. Im schlimmsten Fall könnte der Geldmarkt austrocknen, wie es in den westlichen Industrieländern nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008 geschehen war. Das würde Chinas Wirtschaft stark belasten und hätte auch Auswirkungen auf die wichtigsten Handelspartner und die Weltwirtschaft.

Die Regierung geht Medienberichten zufolge derzeit gegen das Schattenbankensystem vor, das gewaltige Ausmaße erreicht hat, aber kaum kontrolliert ist. Viele Banken umgehen die Regeln zur Kreditvergabe, indem sie stattdessen Investment-Produkte anbieten. Mehrere Beobachter hatten eine „freundliche Missachtung“ durch die Regierung in Peking als möglicherweise effektives Vorgehen bezeichnet, um die dunkle Seite des chinesischen Kreditwesens in den Griff zu bekommen.

Die jüngsten Turbulenzen zeigen nach Einschätzung von Experten aber an, dass es schwerer als erwartet werden könnte, die chinesische Wirtschaft auf eine breitere Basis zu stellen. Noch ist sie stark von kreditfinanzierten Investitionen abhängig.

Goldman Sachs und die China International Capital Corp (CICC) senkten ihre Wachstumsprognosen für die Volksrepublik für das laufende Jahr auf 7,4 Prozent. Die Führung in Peking unter Präsident Xi Jinping und Ministerpräsident Li Keqiang will die Binnenwirtschaft stärken und vor allem dem Konsum eine größere Bedeutung zukommen lassen.