: Alles Geld kommt aus Brüssel
AGRARPOLITIK Mit Umweltschutz will die EU-Kommission 58 Milliarden Euro Subventionen rechtfertigen
BERLIN taz | Die Agrarpolitik ist der zweitgrößte Ausgabenposten im Haushalt der Europäischen Union. Für 2013 hat die EU in Sachen Landwirtschaft 58 Milliarden Euro eingeplant – 40 Prozent des gesamten Budgets.
Das klingt gewaltig. Tatsächlich betragen die Kosten der Agrarpolitik laut EU-Kommission aber weniger als 1 Prozent der gesamten öffentlichen Ausgaben aller EU-Länder. Für das Militär gäben die Staaten dreimal so viel aus. Die Landwirtschaft ist aber der einzige Wirtschaftszweig, der fast nur aus dem EU-Haushalt finanziert wird. Deshalb die großen Summen in Brüssel, die auf die Einzelstaaten umgelegt kleiner sind.
Dennoch gibt es wenige Branchen, die wie die Landwirtschaft im Schnitt die Hälfte ihrer Einkommen vom Staat bekommen, sagt der Bauernverband. In den 1950er und 1960er Jahren stand die Rechtfertigung für die hohen Subventionen außer Frage: Die EU konnte sich nicht selbst ernähren. Viele Menschen erinnerten sich damals noch an den Hunger nach dem Zweiten Weltkrieg.
Doch in den 1970er und 1980er Jahren stieg die Produktivität der Bauern so stark, dass sie mehr erzeugten, als sie verkaufen konnten. Die EU baute zum Beispiel riesige Butterlager auf, um die Überproduktion vom Markt zu nehmen. Diese Probleme hat die Politik inzwischen gelöst – zum Beispiel durch Exporte. Aber die sind umstritten, weil sie subventioniert sind und so zum Beispiel Bauern in Entwicklungsländern Konkurrenz machen.
Das sind Gründe, weshalb die Milliarden für die Agrarpolitik mittlerweile in Frage gestellt werden. Dieser Legitimationsdruck ist seit der Finanz- und Wirtschaftskrise in der EU noch gestiegen. Warum sollten Milliarden an Unternehmer in der Landwirtschaft im wohlhabenden Deutschland fließen, während jeder zweite junge Spanier keine Arbeit hat?
Die EU-Kommission will daher von den Bauern für die wichtigste Agrarsubventionsart, die Direktzahlungen, besondere Leistungen für die Umwelt verlangen (siehe Text oben). „Öffentliches Geld nur für öffentliche Leistungen“ lautet das Motto. Die gesamte Gesellschaft würde davon profitieren, wenn die Artenvielfalt auf dem Land steige.
Selbst ökologisch orientierte Kritiker der Direktzahlungen sind dagegen, die Subventionen einfach zu streichen. „Wir brauchen das Geld, um eine zukunftsfähige Landwirtschaft zu bekommen“, sagt Ulrich Jasper, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. „Wenn das Geld wegfiele, werden umweltschädliche Monokulturen deshalb kein Stück kleiner.“ JOST MAURIN