Julia Gillard verliert ihr Amt an ihren Vorgänger Kevin Rudd

AUSTRALIEN Das Gerangel in der Labor Party gleicht einer Provinzposse mit deutlich satirischen Zügen

AUS CANBERRA URS WÄLTERLIN

Die australische Premierministerin Julia Gillard hat am Mittwochabend eine parteiinterne Kampfwahl gegen ihren Vorgänger Kevin Rudd verloren. Die Abstimmung fiel mit 57 Stimmen für Rudd gegenüber 45 Stimmen für Gillard überraschend klar aus. Damit übernimmt der 55-jährige ehemalige Premierminister wieder die Parteiführung und das Amt des Regierungschefs.

Gillard und die Labor Party hatten in den drei Jahren unter ihrer Führung in der Gunst der Wähler dramatisch an Unterstützung verloren. Der Partei drohe bei den Wahlen am 14. September „eine katastrophale Niederlage“ gegenüber den Konservativen unter Tony Abbott, sagte Rudd kurz vor der Abstimmung im Labor-Aufsichtsrat. Sowohl Gillard als auch Rudd hatten erklärt, sich im Fall einer Niederlage komplett aus der Politik zurückziehen zu wollen.

Die 51-jährige Gillard hatte 2010 den damaligen Premierminister – als seine Stellvertreterin – selbst herausgefordert und gesiegt. Zuvor hatte auch Rudd in den Meinungsumfragen stark an Unterstützung verloren.

Vor allem die von dem amerikanischen Medienzar Rupert Murdoch kontrollierte Presse führte einen Krieg gegen das erste weibliche Regierungsoberhaupt Australiens. Gillard hatte unter anderem ein von der mächtigen Rohstoffindustrie heftig bekämpftes Klimagesetz eingeführt und trotz hoher Hürden im Parlament ein Versicherungssystem für Behinderte durchgesetzt. In jüngster Zeit musste sie sich auch immer wieder sexistisch motivierte Beschuldigungen anhören.

Gillard meinte nach der Entscheidung, sie sei „stolz“ auf die Leistungen, die ihre Regierung erbracht habe. Mehrere Minister, die zu ihr gehalten hatten, traten von ihrem Amt zurück. Darunter ist auch Ausbildungsminister Peter Garrett, der frühere Sänger der Rockgruppe Midnight Oil. Mit der Ernennung von Rudd steigen die Chancen von Labor, bei den nächsten Wahlen besser abzuschneiden als unter Gillard. Von der Möglichkeit eines Wahlsieges wollte am Mittwoch aber kein Beobachter sprechen. Unter Gillard war die Labor Party immer mehr nach rechts gerückt. Das zeigte sich besonders deutlich in einer ziemlich restriktiven Flüchtlingspolitik.