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Archiv-Artikel

Habgier-Management

BETRUG Jahrelang wirtschaftete der Chef der Osterfestpiele Salzburg, Michael Dewitte, in die eigene Tasche. Und niemandem fiel es auf

VON RALF LEONHARD

Wer der Meinung war, wo Schöngeister regieren, findet die Habgier kein Zuhause, wird in Salzburg eines Besseren belehrt. Dort wurden vor kurzem der Chef der Osterfestspiele, Michael Dewitte, und der technische Direktor der Salzburger Festspiele, Klaus Kretschmer, gefeuert. Sie stehen im dringenden Verdacht, in den letzen Jahren massiv in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben. Während Kretschmer darauf in selbstmörderischer Absicht von der Brücke sprang und jetzt in der Intensivstation liegt, hat sich Dewitte ins heimatliche Belgien abgesetzt und beteuert seine Unschuld.

Dewitte, der ein Jahressalär von stolzen 117.000 Euro bezog, hat, wie aus den Büchern hervorgeht, in den letzten Jahren 650.000 Euro abgezweigt. Von den Sponsorengeldern behielt er regelmäßig 5 Prozent ein, egal ob er die Mäzene gewonnen hatte oder ob sie selbst an ihn herangetreten waren. Bei manchen Kulturmanagern ist das üblich, im Vertrag von Dewitte aber ausdrücklich ausgeschlossen.

Subventionierte Ehe

Auch für seine Frau Yvette sorgte er: Obwohl sie für das zehntägige Opern- und Konzertspektakel keine für die Prüfer nachweisbare Leistung erbrachte, bezog sie ein Jahresgehalt von 45.000 Euro. Für Reisen und Repräsentation rechnete der schlaue Direktor zuletzt über 90.000 Euro ab, obwohl keine Dienstreisen erforderlich waren. Hotelrechnungen von 650 Euro die Nacht und Taxiquittungen zum Salzburger Flughafen von 585 Euro waren lange Zeit niemandem aufgefallen.

Klaus Kretschmer hatte als technischer Direktor der Salzburger Festspiele einen Vollzeitjob, erledigte aber nebenbei auch Aufgaben für die Osterfestspiele. Dafür stellte er Beraterhonorare von 100 Euro die Stunde in Rechnung. „Da sind zum Beispiel zum Thema Rheingold 192 Stunden Beratung à 100 Euro angegeben. Das wären fast fünf Arbeitswochen durchgehende Beratungszeit. Und das in Intensivzeiten der Salzburger Festspiele“, sagt Peter Raue, Anwalt der Berliner Philharmoniker und seit Dezember interimistischer Geschäftsführer der Osterfestspiele. Dazu kommen doppelt abgerechnete oder überfakturierte Leistungen. Dass an den Zahlungen etwas faul ist, lässt auch die komplizierte Überweisungspraxis ahnen. Sie gingen an Firmen mit Sitz in Freilassing und Hallein, an denen Kretschmer stiller oder offizieller Teilhaber ist.

Der Schaden für die Festspiele betrage zwischen 500.000 und 800.000 Euro, verkündete Kuratoriumsvorsitzende und Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller, SPÖ, Ende Februar in einer Pressekonferenz. Die kleineren Osterfestspiele dürften um rund 2 Millionen geschädigt worden sein. Sie wurden 1967 von Herbert von Karajan gegründet, der damals Chefdirigent der Berliner Philharmoniker war und diese nach Salzburg holte, um Konzerte vor allem für den deutschen Geldadel zu geben. Die Osterfestspiele kamen bis zum Tod von Karajan ohne öffentliche Subventionen aus und konnten auch zuletzt mit nur 10 Prozent Zuschüssen ganz gut überleben.

Staatsoperndirektor Ioan Holender hält die Osterfestspiele im Interview mit dem Wochenmagazin profil überhaupt für ein Symptom des Größenwahns der Provinzstadt Salzburg: „Ich frage nur, warum die Österreicher Steuern zahlen müssen, damit Superreiche eine Oper und drei Konzerte um bis zu 1.230 Euro sehen können. Ist das Kulturpolitik?“ Gerade die Superreichen und auch die Orchestermitglieder lassen aber viel Geld in der Mozartstadt. Deswegen war wohl auch die Landesregierung erpressbar.

Letztes Jahr drohten die Berliner Philharmoniker, in der Osterwoche nach Baden-Baden abzuwandern. Als das Land Salzburg dann großzügigere Subventionen versprach, besannen sie sich im vergangenen Dezember eines Besseren. Laut Anwalt Raue habe man sich dann die Bücher genauer angesehen. „Da ist schnell klar geworden, dass da etwas nicht stimmen kann.“

Interne Buchprüfung

Landeshauptfrau Gabi Burgstaller habe dann sofort eine Wirtschaftsprüfungskanzlei eingeschaltet. Raue: „Die Ergebnisse sind erschreckend.“ Für die relativ kleinen Osterfestspiele war eine externe Buchprüfung nicht erforderlich. Kretschmer ließ sich seine Belege von einem Salzburger Anwalt abzeichnen, der zu 2 Prozent an der Osterfestspiele GmbH beteiligt ist und jährlich 40.000 Euro für seine Prüfungen bezog. Gabi Burgstaller zog jetzt die Notbremse: „Es ist für die Zukunft ein durchgängiges Vieraugenprinzip vorzusehen.“ Die interne Revision soll ausgeweitet werden und die Sonderprüfung rückwirkend bis zum 1.Oktober 2001 gehen.