: Botho Strauss und die sakrale Potenz
Was ist aus dem Karikaturenstreit zu lernen? Lars Qvortrup schlägt vor, auf Komplexität und Selbstregulierung zu setzen. Eines gibt es in seinem Essay nicht: den Kampf der Kulturen. Klar, warum: Die Systemtheorie macht Differenzen zum Ausgangspunkt aller Gesellschaftsbetrachtung; das auf eine große Differenz zu reduzieren ist ihr ein zu armseliges Instrumentarium. Freilich herrschen in der Debatte derzeit solche Tendenzen zur Vereinfachung vor. Botho Strauß spricht im aktuellen Spiegel zwar nicht vom „Kampf“, wohl aber vom nicht zu lösenden „Konflikt“ zwischen westlicher und islamischer Kultur. Er sieht Probleme für den Westen, aber auch die „Chance der Inspiration …, die von der unmittelbaren Nähe einer fremden und gegnerischen sakralen Potenz herrührt“. Die „herrschende Beliebigkeit“ und „Gleich-Gültigkeit“ seien in eine Krise geraten, für Strauß zu Recht. So könne man „unser eigenes Bestes“ wiederbeleben, die Sinnes- und Geistesgaben europäischer Kunst und Philosophie. Rückbesinnung aufs Eigene statt Vertrauen in die Selbstregulierung der Systeme: Das bezeichnet ein Denken, das genau am anderen Ende von dem steht, wie es Lars Qvortrup vorführt. Die Debatte wird weitergehen. drk