: Nazis bilden strategische Allianzen
RECHTSEXTREMISMUS Die Linke hat einen Lagebericht zur Situation in Niedersachsen erstellen lassen
„Die Landesregierung nimmt die rechtsextreme Bedrohung in Niedersachsen nicht ernst“, sagt Pia Zimmermann. Die innenpolitische Sprecherin der Linken im Landtag betont, dass nicht erst Menschen durch rechtsextreme Täter zu Tode kommen müssten, um von einer gestiegenen Bedrohung ausgehen zu müssen. In Niedersachsen hätten die Menschen Sorgen wegen dem immer „offeneren und auch brutaleren Auftreten“ der Rechtsextremen. Es gäbe Angst vor Angriffen nach Diskobesuchen und Angst vor Unterwanderungen von Vereinen.
Die Vorwürfe gegen Innenminister Uwe Schünemann (CDU) untermauert die Linke mit einem eigenen „Lagebericht“, den die Fraktion hat erstellen lassen. Kein „alternativer Verfassungsschutzbericht, aber eine wichtige Ergänzung“, betont der Redakteur der Studie, Nils Merten. Ein Jahr hat sich das Autorenteam fünf Regionen, in denen NPD und „Freie Kameradschaften“ (FK) agieren, genauer angeschaut.
In der Region Celle stellten sie fest, dass sich in Eschede ein Hof zu „dem“ Schulungs- und Veranstaltungszentrum der Szene entwickelt hat. Die Autoren zeigen außerdem, wie sich in der Region Harz eine Infrastruktur von Geschäften mit Szeneutensilien, Tattoostudios und Kneipen festigen konnte. Im gesamten Bundesland, so Merten, würden NPD und FK nicht mehr bloß kooperieren, sie gingen vielmehr „programmatisch, strategisch und vor allem personell ineinander über“. Das Innenministerium liefere jedoch bloß Statistiken, die diese Prozesse nicht sichtbar werden ließe.
Die Vorwürfe will das Ministerium nicht hinnehmen. „Der Verfassungsschutz hat eine Ausstellung und Mitarbeiter halten Vorträge, um nur zwei Beispiele anzuführen“, sagt ein Sprecher des Innenministerium. „Ja, ich weiß“, erwidert Zimmermann, doch die bei diesen Maßnahmen vermittelten Inhalte seien kontraproduktiv. „Der Minister lässt hier eine ständige Gleichsetzung von links und rechts präsentieren“, sagt Zimmermann. Diese Gleichsetzung von oben führe in zahlreichen Kommunen dazu, dass sich kein Problembewusstsein für den erstarkenden Rechtsextremismus, gerade im ländlichen Raum, entwickele, sagt Merten. ANDREAS SPEIT