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Archiv-Artikel

Nagel will ans Grundgesetz

Nach Bundesverfassungsgerichtsurteil zum Luftsicherheitsgesetz verlangt der Innensenator, Inlandseinsätze der Bundeswehr zu legalisieren

Innensenator Udo Nagel (parteilos) ist ein schlechter Verlierer. Nachdem das Bundesverfassungsgericht gestern seinem Wunsch, die Bundeswehr verstärkt auch im Inland einzusetzen, eine Absage erteilt hat, verlangte Nagel eine Änderung des Grundgesetzes – um die Inlandseinsätze eben doch zu ermöglichen. Bei Terrorwarnungen müsse ein „unterstützender Objektschutz“ durch Bundeswehrsoldaten möglich sein. Nagel kündigte an, das Thema bei nächster Gelegenheit mit seinen Innenminister-Kollegen zu erörtern, „um zu einer verfassungsrechtlich sauberen Lösung zu kommen im Sinne der Inneren Sicherheit“.

Das Bundesverfassungsgericht hat gestern das Luftsicherheitsgesetz der früheren rot-grünen Bundesregierung gekippt. Dieses hatte die Luftwaffe ermächtigt, zur Verhinderung eines Terroranschlages ein entführtes Flugzeug abzuschießen. Die Verfassungsrichter lehnten das nicht nur aufgrund der damit verbundenen Tötung unschuldiger Passagiere ab. Sie kritisierten zudem, dass die Kompetenzen der Bundeswehr über das Grundgesetz hinaus erweitert würden. „Der Einsatz der Streitkräfte zu anderen Zwecken als zur Verteidigung ist nach geltendem Verfassungsrecht an enge Voraussetzungen gebunden“, so wurde in Karlsruhe betont. Das Grundgesetz lasse ihn nur „zur Hilfe“ oder „zur Unterstützung“ der Polizeikräfte der Länder bei einer Naturkatastrophe oder einem besonders schweren Unglücksfall zu.

Nagel aber will Soldaten auch zum Objektschutz heranziehen können. Die Notwendigkeit habe sich zum Jahreswechsel 2003/2004 gezeigt, als die Bundeswehr ihr Krankenhaus in Wandsbek nach einer Terrorwarnung von Polizisten schützen lassen musste, obwohl sie das mit eigenen Mitteln hätte tun können.

So weit wie seine Unionskollegen Günther Beckstein und Wolfgang Schäuble, die die Bundeswehr bei der Fußballweltmeisterschaft polizeiliche Aufgaben übernehmen lassen wollen, geht er allerdings nicht: Das Turnier „eignet sich nicht als Bühne für einen Verfassungsstreit“, so Nagel gestern. „Die Bundeswehr darf nicht zur Hilfspolizei oder Polizeireserve werden“, sagte er. Zum Schutz der WM seien ausreichend Polizeikräfte vorhanden. Hamburgs Polizisten haben für die Dauer der Spiele im Juni eine Urlaubssperre. ELKE SPANNER

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