: Die Monroe und der Martini vor Gizeh
NACHRUF Bert Stern wurde weltberühmt durch das letzte Fotoshooting mit Marilyn Monrore. Er war aber auch bahnbrechend für eine neue fotografische Werbesprache. Jetzt ist er in New York gestorben
BERLIN taz | Er war einer der wegweisenden Mode- und Werbefotografen der 1950er und 1960er Jahren. Dennoch, die Welt würde Bert Stern wohl kaum noch kennen, hätte er sich nicht im Juni 1962 drei Tage lang mit Marilyn Monroe im Bel-Air Hotel in Los Angeles einquartiert. Es war das letzte große Fotoshooting des Stars. Sechs Wochen später war die Schauspielerin tot und Bert Stern weltberühmt. Jetzt ist auch der Fotograf tot. Am Mittwoch starb er, 83-jährig, in seiner Wohnung in Manhattan.
Seine Bilder von Marilyn zeigten eine fragile, angegriffene Frau. „Sie war verletzlich und betrunken und zärtlich und einladend und erregend. Aber ich hatte einen Fotoapparat in meinen Händen und Drogen im Blut“, erklärte Bert Stern später. Die Fotoserie entstand für die amerikanische Vogue, und es war abgemacht, dass Marilyn alle Aufnahmen vorgelegt werden mussten. Als Stern die Abzüge zurückerhielt, war mehr als die Hälfte der Bilder durchgestrichen. Erst 2000 gab es, in einer monumentalen Publikation, „Marilyn Monroe: The Complete Last Sitting“.
Der Fotograf der Stars wie Audrey Hepburn, Twiggy oder Brigitte Bardot, der damit selbst zu einem der ersten Starfotografen wurde, kam am 3. Oktober 1929 in Brooklyn, New York, zur Welt. Nach dem Abbruch der High School diente er in der Armee und fotografierte auf einer Basis in Japan. Diese Erfahrung verschaffte ihm später einen Job bei der Zeitschrift Look, deren Art Direktor Hershel Bramson ihn der Wodkamarke Smirnoff für eine Werbekampagne empfahl.
Stern stellte einen Wodka-Martini vor die Cheops-Pyramide von Gizeh, die in der Spiegelung darin zu schwimmen schien wie die obligatorische Olive. Fotohistoriker und Werbeexperten sehen das Bild als bahnbrechend für eine neue fotografische Werbesprache an. Schon bei der Smirnoff-Kampagne zeigte sich Sterns Liebe für die Leute aus dem Showbizz und aus Hollywood: In hinreißenden Bildern versuchte kein Geringerer als Buster Keaton Wodka nicht in den Kelch, sondern in den Fuß des Glases zu gießen.
Ikonisch wurde auch Sterns Fotografie für Stanley Kubriks Nabokov-Verfilmung „Lolita“: Wir teilen den Blick des Missetäters und sehen unsere schöne Beute im Rückspiegel des Autos mit einem roten Lolli im Mund, während sie über die herzförmigen Gläser ihrer Sonnenbrille zu uns herüberluchst. WBG