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Archiv-Artikel

Der CDU ist das Splitting doch zu schwul

BUNDESTAG Mindestens 15 Unions-Abgeordnete stimmen gegen die vom Verfassungsgericht angemahnte steuerliche Gleichstellung homosexueller Paare. Grüne, FDP und progressive Unionsmitglieder toben

Bundestags-Marathon

Kurz vor der Sommerpause hat der Bundestag im Akkord die letzten wesentlichen Beschlüsse in dieser Legislaturperiode getroffen – darunter unter anderem diese:

■ Fluthilfe: Ein Hilfsfonds mit 8 Milliarden Euro soll die Schäden des jüngsten Hochwassers abfedern.

■ Managergehälter: Vergütungen der Spitzenmanager börsennotierter Unternehmen müssen künftig jährlichen von den Aktionären abgesegnet werden.

■ Atommüll-Endlager: Bis Ende 2015 soll eine Kommission Kriterien für die Suche nach einer Deponie formulieren (siehe Seite 7).

■ Gegen Abzocke: Im Internet oder per Telefon abgeschlossene Verträge mit Glücksspielanbietern sollen nur noch dann gültig sein, wenn sie schriftlich bestätigt werden. Zudem werden Abmahnkosten bei Urheberrechtsverletzungen auf 155,30 Euro begrenzt.

AUS BERLIN ASTRID GEISLER

Nicht zufällig war das Thema zu vorgerückter Stunde angesetzt, nach den Abendnachrichten, kurz vor der parlamentarischen Geisterstunde. Möglichst unbemerkt wollte die schwarz-gelbe Koalition am späten Donnerstagabend in der letzten Sitzung des Bundestags vor der Sommerpause ein für sie leidiges Thema abräumen. Das Verfassungsgericht hatte kürzlich die steuerliche Gleichstellung Homosexueller beim Ehegattensplitting vorgeschrieben. Das sollte nun noch umgesetzt werden.

Doch Tagesordnungspunkt 13a wurde zur bösen Überraschung für CDU-Politiker, die seit Monaten in der eigenen Partei für die Rechte schwuler und lesbischer Paare gefochten hatten. Ohne Vorwarnung nahm sich eine Reihe von Unions-Abgeordneten die Freiheit, gegen den Gesetzentwurf der eigenen Fraktion zu stimmen – und damit gegen die Gleichstellung eingetragener Lebenspartner wenigstens beim Ehegattensplitting.

Wie viele Parlamentarier von CDU und CSU auf die Fraktionsdisziplin pfiffen, blieb unklar. Volker Beck (Grüne) sprach von „ungefähr 20“ Abgeordneten und wetterte: Ohne die Stimmen der Oppositionsfraktionen wäre das Gesetz sogar komplett gescheitert. Eine Behauptung, die der Sprecher der Unionsfraktion bestritt. Allerdings zählten selbst CDU-Abgeordnete gut 15 Neinsager in den eigenen Reihen. Bei einer Probeabstimmung in der Fraktion hatte es zuvor nur drei Abweichler gegeben.

Der spätabendliche Coup aus dem rechten Lager sorgte auch in der Union für dicke Luft: „Es hätte so schön sein können“, twitterte Stefan Kaufmann, einer jener „Wilden 13“, die in der CDU für eine progressivere Homo-Politik streiten. Er finde die Entscheidung seiner Mitstreiter „irritierend“, sagte Kaufmann der taz. Als Grund falle ihm nur der „beginnende Wahlkampf“ ein.

Dafür spricht, dass die Gleichstellungsgegner die Abstimmung auch einfach hätten schwänzen können. Stattdessen gaben einige von ihnen sogar schriftlich noch persönliche Erklärungen zu Protokoll, die aber am Freitag noch nicht öffentlich waren.

Der Vizevorsitzende der Lesben und Schwulen in der Union, Thomas Steins, erinnerte die Abweichler an ihre Pflichten. Es sei „nicht wertkonservativ“, die Fraktionslinie ohne Vorwarnung zu ignorieren, sagte der CDU-Politiker der taz. Wenn Parteifreunde bei strittigen Themen wie der Frauenquote auf die Fraktionsdisziplin pochten, dann müssten sie sich im umgekehrten Fall auch selbst daran halten. „Diese Solidarität hat der konservative Flügel aufgekündigt.“ Das sei „sehr unkollegial“.

Auf Kritik stieß die Aktion auch beim Koalitionspartner FDP, der sich von der Union ohnehin bei der Gleichstellung ausgebremst fühlt: Natürlich hätten Parlamentarier ein freies Mandat, sagte der FDP-Abgeordnete Michael Kauch: „Aber es ist schon fragwürdig, wenn einzelne ganz klar gegen die Linie stimmen, die das Verfassungsgericht als geboten erachtet.“

Drei der „Wilden 13“ aus der Union nutzten die letzte Sitzung vor der Sommerpause, um ihre Position im Streit um die Homo-Politik am Rande der Plenarsitzung zu Protokoll zu geben. Das Splittinggesetz sei ein „überfälliger Schritt“, dem weitere folgen müssten, erklärten die CDU-Abgeordneten trotzig. Dafür wollten sie sich „kraftvoll“ in der nächsten Wahlperiode einsetzen. Der nächste Showdown kommt bestimmt.