: Bush schenkt Ölindustrie 7 Milliarden Dollar
US-Regierung will auf Förderzinsen für Ölbohrungen im Golf von Mexiko verzichten. Selbst Republikaner sind kritisch
BERLIN taz ■ Die Opposition kann es kaum fassen. Die US-Regierung ist dabei, der Ölindustrie eines der größten Geschenke zu offerieren. Rund 7 Milliarden Dollar könnte die Ölindustrie bis zum Jahr 2011 zusätzlich kassieren. Noch ist die Offerte versteckt im gerade erst veröffentlichten Haushalt des US-Innenministeriums, doch schon hagelt es Kritik, selbst aus den Reihen der Republikaner.
Wird das Budget wie vorgesehen verabschiedet, wird die US-Regierung in den kommenden fünf Jahren gestatten, dass Firmen auf amerikanischem Territorium Öl und Erdgas im Wert von rund 65 Milliarden Dollar fördern. Dafür müssen die Unternehmen jedoch nicht einen einzigen Cent Förderzinsen zahlen. Die begünstigten Firmen wurden bisher nicht näher benannt. Die geplante Befreiung vom Förderzins erstaunt Kritiker – schließlich geht auch die US-Regierung davon aus, dass sich der Preis für ein Barrel Rohöl in den nächsten fünf Jahren bei über 50 Dollar einpendelt.
Regierungsbeamte gaben an, dass die Gratisbohrrechte von Gesetzen erzwungen würden, die noch von 1996 stammten – also aus der Zeit von Präsident Bill Clinton. Damals war der Ölpreis verhältnismäßig niedrig und der US-Kongress hatte nach Anreizen gesucht, um die Erschließung von riskanten Ölfeldern im Golf von Mexiko zu fördern. „Es geht nicht darum, mehr Geld zu verdienen. Wir wollen mehr Energie für unsere Nation gewinnen. Das ist für unsere Wirtschaft lebensnotwendig“, verteidigte sich Johnnie Burton, Direktor des föderalen US-Managementservices für Rohstoffe.
Doch selbst Konservative und Befürworter der Ölindustrie äußerten Bedenken. Ihre Einwände richten sich weniger gegen den drohenden Steuerausfall von 7 Milliarden Dollar – sie monieren die Mehrdeutigkeit der entsprechenden Gesetze. US-Ölfirmen haben in jüngster Zeit begonnen, vor Gericht erfolgreich dagegen zu klagen.
Auch der Zeitpunkt erscheint Kritikern unglücklich. 2006 finden Wahlen zum US-Kongress statt. Schon jetzt sind viele amerikanische Bürger aufgebracht, dass die Energiepreise steigen, während die Ölindustrie Rekordgewinne einfährt. Die neuen Privilegien für die Ölindustrie kontrastieren zudem mit den harten Sparmaßnahmen der Bush-Regierung bei den Sozialausgaben. In dieses Bild passt auch, dass sich das Weiße Haus erst kürzlich bemühte, eine Profitsteuer für Ölfirmen zu streichen, die der Senat erst im Herbst 2005 verabschiedet hatte. Republikanische Kritiker fürchten, dass die Opposition diese Steilvorlagen im kommenden Wahlkampf nun erst recht ausschlachten könnte. Unterdessen zog vergangene Woche die namhafte Firma Kerr-McGee Exploration and Development vor Gericht, um eine allgemeine Förderzins-Befreiung einzuklagen. Wenn die Firma den Streit gegen das US-Innenministerium gewinnt, droht der US-Regierung in den kommenden Jahren, dass die Förderzinsen für nahezu alle Öl- und Gasvorkommen im Golf von Mexiko ausfallen. Dies wären geschätzte 28 Milliarden Dollar.
„Das ist eine der größten Postraubgeschichten“, ärgerte sich der demokratische Abgeordnete George Miller aus Kalifornien. Miller kämpft seit einem Jahrzehnt gegen die Befreiung von Förderzinsen für die Ölindustrie. „Bei gegenwärtig über 70 Dollar für einen Barrel Rohöl erwartet man besser keine Geschenke.“
ADRIENNE WOLTERSDORF