Arbeitslose sanieren Staatshaushalt

Franz Müntefering konnte beim Arbeitslosengeld noch nicht so viel sparen, wie das Bundeskabinett verlangt. Statt 3 Milliarden Euro hat er für 2006 erst 250 Millionen beisammen. Finanzminister legt Haushalt 2006 vor

VON HANNES KOCH

Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) steht in der großen Koalition unter Druck, weil er beim Arbeitslosengeld nicht so viel spart wie von der Koalition gefordert: 3 Milliarden Euro sollten es 2006 sein – gefunden hat Müntefering bislang erst 250 Millionen Euro. Das ist das Ergebnis der Beratungen für den Bundeshaushalt 2006, den das Bundeskabinett am kommenden Mittwoch beschließen will. An die Adresse von Müntefering sagte der finanzpolitische Sprecher der Union, Michael Meister: „Der Minister für Arbeit und Soziales muss noch etwas mehr vorlegen.“

Ein erster Schritt bei den Einsparungen auf Kosten der Arbeitslosen ist bereits gemacht. Am Mittwochabend hat der Arbeitsminister bei den Beratungen zum Bundeshaushalt 2006 Kürzungsvorschläge über 500 Millionen Euro gemacht. Junge Erwachsene, die erwerbslos sind, sollen weniger Arbeitslosengeld II erhalten. Nur die Hälfte davon, rund 250 Millionen Euro, wird aber den Haushalt 2006 entlasten. Unter anderem wegen Computerproblemen werden die übrigen Einsparungen erst 2007 wirksam.

Auch mit dem Haushalt für 2007, den das Kabinett im Juli dieses Jahres beschließen will, hat der Arbeitsminister Probleme. 2007 sollen seine Einsparungen auf 4 Milliarden Euro steigen. Davon sind bislang 2 Milliarden beschlossen: Die Rentenbeiträge für Arbeitslose sollen sinken.

Die potenziellen Defizite aus dem Arbeitsministerium gefährden den Haushaltsplan 2006, den Bundesfinanzminister Peer Steinbrück an diesem Wochenende fertig stellt. Insgesamt sollen die Ausgaben nur um 0,7 Prozent gegenüber 2005 wachsen – das Gesamtbudget soll dann 262 Milliarden betragen. Rund 192 Milliarden davon kommen durch Steuern herein. Den Rest bestreitet Steinbrück aus „sonstigen Einnahmen“, darunter dem Gewinn der Bundesbank, Verkauf von Bundesvermögen und Neuverschuldung. Die Verkäufe unter anderem von Telekom-Aktien sind mit 15 Milliarden Euro angesetzt. Die Nettokreditaufnahme soll sich 2006 auf 38,3 Milliarden Euro belaufen. Damit bleibt die Neuverschuldung knapp unter dem Rekord von CSU-Finanzminister Theo Waigel.

Trotzdem wird das gesamtstaatliche Defizit im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt 3,4 Prozent betragen und damit auch 2006 über der Grenze des Stabilitätspaktes von Maastricht liegen. In den Verhandlungen mit EU-Währungskommissar Joaquín Almunia hat Steinbrück deshalb ein strengeres EU-Defizitverfahren gegen Deutschland akzeptiert. In den kommenden Monaten wird die EU-Kommission die Bundesregierung scharf beobachten. Diese Maßnahme soll allerdings aufgehoben werden, wenn das geplante Haushaltsdefizit unter drei Prozent liegt. Das soll im Juli erstmals der Fall sein, wenn das Bundeskabinett den Haushaltsplan für 2007 beschließt. Das Defizit soll dann nur noch 2,5 Prozent betragen, verspricht Steinbrück.