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Archiv-Artikel

Starke Eltern sollen Kinder retten

NRW-RichterInnen fordern Modellprojekte: Väter und Mütter müssen zu ihrer Elternrolle ausgebildet werden

DÜSSELDORF taz ■ Eltern sollen ins Trainingslager: RichterInnen in NRW sind überzeugt, dass Väter und Mütter besser auf ihre Rolle vorbereitet werden und sie jederzeit Hilfe finden müssen. Der Landesverband NRW des deutschen Richterbundes schlägt eine „Modellregion für Erziehung vor.“ Er hat konkrete Vorschläge, wie Kinder zu gesunden und friedlichen Erwachsenen werden können. Und: Frühe Vorbeugung ist wesentlich sinnvoller als die Therapie von auffälligen Kindern oder Jugendlichen.

Jedes vierte Kind erwischt es: Depressionen, Ängste und aggressives Verhalten, Gereiztheit. Wer einmal davon betroffen ist, wird diese Leiden nur schwerlich wieder los: Gerade Aggressionen sind psychologischen Studien zufolge sehr stabil. Vor allem bei Kleinkindern: Gewalttätiges Verhalten wird schon in der frühesten Kindheit erlernt.

Zu dem Zeitpunkt müssen Behörden und ErzieherInnen schon eingreifen, fordern die RichterInnen. Ihrer Meinung nach liegen nämlich die Ursachen zumeist in der Erziehung und der Situation in der Familie. Bisher sind so genannte Elterntrainings aber nur eine vage Bezeichnung für sehr viele verschiedene Ansätze. In einer möglichen Modellregion sollten dann nur die drei wissenschaftlich begleiteten Programme angeboten werden: Das so genannte „Nürnberger-Effektprogramm“ berät Eltern bei alltäglichen Fragen, zum Beispiel, wie dem Kind Regeln erklärt werden oder Freundschaften des Kindes unterstützt werden können. Gleichzeitig besuchen Kinder Spielkurse, in denen sie zum Beispiel lernen, Konflikte in der Gruppe zu lösen.

Auch das von einem Kölner Psychologen konzipierte Präventionsprogramm PEP macht Eltern konkrete Vorschläge: In kleinen Gruppen und in Rollenspielen werden die passenden Reaktionen auf quengelnde und anstrengende Kinder eingeübt. Das australische Triple-P-Programm setzt auf positive Erziehung: Eltern sollen die Stärken ihres Nachwuchses erkennen, loben und fördern.

Alle drei Ansätze seien für Nordrhein-Westfalen geeignet, so die RichterInnen. Sie schlagen vor, die Kurse und Beratungen an den Kindergärten anzubieten. Denn dort seien die Familien noch jung und empfänglich, vor allem aber könnten sich die von der Landesregierung geplanten Familienzentren leicht darauf einrichten.

Tatsächlich sagte Familienminister Armin Laschet (CDU) schon Anfang Februar: „Wir wollen, dass Anzeichen von Vernachlässigung, Gewalt oder sexuellem Missbrauch möglichst frühzeitig erkannt werden“, sagte er. Langfristig soll jede dritte der rund 9.700 Tageseinrichtungen für Kinder zu einem Familienzentrum werden, die auch die Betreuung von Kindern unter drei Jahren, die Sprachförderung und die Vermittlung von Tageseltern übernehmen sollen.

ANNIKA JOERES