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Zu wenig Zeit für Prozesse

JUSTIZ Das Oberverwaltungsgericht beklagt sich über ausufernde Bürokratie

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg leidet zunehmend unter bürokratischen Zwängen. „Wir melden Daten über Daten an die Justizverwaltungen – das kostet Kompetenz, das kostet Kraft“, sagte der Präsident des 2005 fusionierten Gerichts für beide Länder, Jürgen Kipp, am Donnerstag in Berlin. Die Einstellung eines Richters dauere durch die Abstimmung mit beiden Ländern bis zu einem Jahr. „Bei uns wird aus jeder Richterstelle ein Staatsakt.“

Die Gerichtsfusion per Staatsvertrag sei ursprünglich als ein Schritt auf dem Weg zu einer Länderehe gedacht gewesen. Das Zusammengehen von Berlin und Brandenburg sei aber inzwischen politisch beerdigt. „Und wir müssen die Folgen tragen“, so Kipp. So sei auch ein einheitliches Richtergesetz für beide Länder in die Ferne gerückt.

2009 gingen mit knapp 3.800 neuen Verfahren so viele wie noch nie seit der Fusion beim Oberverwaltungsgericht ein. Doch erledigt werden konnten laut Kipp nur knapp 3.300. „Das ist eine beunruhigende Tendenz.“ Die Richter seien aber motiviert und versuchten, die Verfahren so schnell wie möglich zu Ende zu bringen. Schwierige Verfahren wie das Verbots-Urteil zur militärischen Nutzung des früheren Truppenübungsplatzes Bombodrom hätten viele Kapazitäten gebunden.

Zu lange Verfahren

„Das Traumziel des Gerichts von einem Jahr Verfahrensdauer ist für viele Bürger trotzdem noch zu lang“, sagte der Gerichtspräsident. Die Justiz sollte den Menschen effektive Dienstleistungen anbieten. Doch das Gericht müsse beispielsweise auflisten, wie viel Zeit für die Anschaffung von Druckerpapier gebraucht wird.

Hinzu kämen Sparzwänge. So gebe es aus Potsdam die politische Vorgabe, bis 2014 an den drei Verwaltungsgerichten in Brandenburg beim richterlichen Personal die Stellen von 91 auf 71 zu drücken. Auch beim Oberverwaltungsgericht mit Sitz in Berlin seien seit Jahren nicht alle 34 Richterstellen besetzt. (dpa)

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