Romantik ist gut, Vertrag ist besser

EHERECHT Der Lebenspartnerschaftsvertrag ist der Ehevertrag für Homosexuelle. Es gibt gute Gründe, ihn abzuschließen – etwa für binationale Paare. Mit Misstrauen hat der Gang zum Notar dagegen wenig zu tun

■ In Köln findet am Wochenende der deutschlandweit größte Festumzug anlässlich des diesjährigen Christopher Street Day (CSD) statt. Mehrere hunderttausend BesucherInnen wollen für die Rechte von Schwulen, Lesben und Transgender und gegen Ausgrenzung und Homophobie demonstrieren.

■ Der CSD gedenkt jährlich weltweit des Aufstands von Homosexuellen gegen die Polizeiwillkür gegen Schwule und Lesben in der New Yorker Christopher Street 1969. (taz)

VON HEIDE OESTREICH

„Will ich ausschließen, dass ich meinem Partner später vielleicht mal Unterhalt zahlen muss?“ Der Architekt Fabian Möller* musste bei dieser Frage nicht lange nachdenken. Sein zukünftiger Mann Juan Perez kam aus Peru und hatte auf dem deutschen Arbeitsmarkt schon mal Probleme gehabt. „Ich würde sowieso solidarisch sein, auch wenn wir uns trennen, das brauche ich nicht ausschließen.“ Also: kein Ehevertrag, der bei gleichgeschlechtlichen Paaren Lebenspartnerschaftsvertrag heißt.

Vor der Verpartnerung erst mal zum Notar – das klingt unromantisch. Und ist das nicht auch ein Zeichen gegenseitigen Misstrauens? Und doch: Bei Heterosexuellen sind es etwa 10 Prozent aller Ehepaare, so die Schätzung von Rechtsexperten, die einen Vertrag abschließen. Über gleichgeschlechtliche Paare liegen keine Zahlen vor.

Bei Ersteren handelt es sich oft um Paare, in denen einer mehr Geld verdient als der andere. Denn ohne anderslautenden Vertrag gilt: Alles, was in der Ehe dazugewonnen wird, muss am Ende der Ehe geteilt werden. Der sogenannte Zugewinnausgleich – ein finanzielles Risiko für den besser Gestellten.

Heike Dahmen-Lösche, Fachanwältin für Familienrecht in Düsseldorf, sieht sich zudem mit alten Verträgen konfrontiert, in denen das Paar die Aufteilung der Rentenansprüche oder nacheheliche Unterhaltszahlungen ausgeschlossen hat. Solche Verträge kann man aber überprüfen lassen: Der Ausschluss aller Versorgungsansprüche ist in der Regel sittenwidrig.

Heute, sagt Dahme-Lösche, seien die Paare sehr viel informierter und die Eheverträge differenzierter: So wollen heute viele Frauen das neue Unterhaltsrecht umgehen. Verlangt dieses doch, dass sie drei Jahre nach der Geburt des jüngsten Kindes wieder voll berufstätig werden und dann keinen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt haben. Viele verhandeln sich nun in den Ehevertrag hinein, dass sie Unterhalt bekommen, bis das jüngste Kind 10 Jahre alt ist.

„Bei homosexuellen Paaren ist die Situation ganz ähnlich“, meint Dahmen-Lösche. Wenn etwa eine Person die „Hausfrauenrolle“ übernimmt, entstehen dieselben Versorgungsfragen wie bei Heteros. Generell, so Dirk Siegfried, der als Notar Partnerschaftsverträge beurkundet, sehen sich gleichgeschlechtliche Paare die Rechtsfolgen dieses für sie noch relativ neuen Instituts der Ehe genauer an.

Gleichgeschlechtliche Paare sehen sich die Rechtsfolgen der Ehe genauer an

Insbesondere binationale Paare wie Fabian Möller und Juan Perez tendierten zum Ehevertrag, meint Manfred Bruns, pensionierter Jurist, der beim deutschen Lesben- und Schwulen Verband (LSVD) rechtliche Beratung anbietet. Wenn etwa eine beteiligte Person aus dem Ausland kommt und in Deutschland erst einmal keine Arbeit hat, ist die deutsche Partnerin unterhaltspflichtig. Diese Pflicht kann man nicht ganz ausschließen, aber mit einem Vertrag zeitlich begrenzen. Lauert dahinter nicht die Frage, ob der ausländische Partner, wenn er aus einem armen Land kommt, nicht einfach nur einwandern wollte und sich hier versorgt weiß? „Binationale Partnerschaften sind ohnehin hohen Belastungen ausgesetzt“, meint Bruns. „Wenn sich da jemand absichern will, auch für den Fall der Trennung, kann man ihm das nicht verdenken.“ Fabian Möller und Juan Perez finden, sie haben richtig entschieden. „Wir wissen ja auch gar nicht, wer von uns mal mehr Geld haben wird“, sagt Möller. „Juan hat zum Beispiel ein Grundstück in Peru gekauft. Vielleicht eröffnet er dort eines Tages ein Hotel.“

Die Teilung der Rentenanwartschaften, so Siegfrieds Erfahrung, lehnten viele Paare am Ende der Partnerschaft ab. „Wenn Schluss ist, ist Schluss“, hört Siegfried des Öfteren. Die Partnerschaft wird weniger als Versorgungsinstitut angesehen. Und so lässt sich dieser unromantisch wirkende Vertrag doch auch als ein Zeichen des Vertrauens lesen: Wir trauen uns zu, eigenständige Menschen zu bleiben, die ganz frei miteinander leben können, ohne finanzielle Ansprüche.

Möller sieht das anders: Bei einem Ehevertrag profitiere meist der Reichere. „Bei uns ist es umgekehrt, und das gefällt mir gut.“

*Namen und Berufe verändert