: Pfusch am AKW-Bau
Für den Reaktor im finnischen Olkiluoto wurde poröser Beton verwendet. Ausgetauscht wird der allerdings nicht
STOCKHOLM taz ■ Beim Neubau des finnischen Atomkraftwerkes Olkiluoto wurde gepfuscht. Nach Medienberichten vom Wochenende wurde eine minderwertige Betonqualität verbaut. Dies sei der Grund, warum die Betonierungsarbeiten beim AKW-Neubau Mitte Januar außerplanmäßig abgebrochen worden waren und seither stillstehen, wird Projektchef Martin Landtman zitiert. Auch ohne diese Probleme dauerte der Bau schon bisher ein halbes Jahr länger als ursprünglich geplant. Trotzdem hofft das Baukonsortium Framatome-Siemens, ihn fristgerecht im Jahr 2009 abschließen zu können.
Laut Landtman beruhen die Qualitätsprobleme auf einer fehlerhaften Betonmischung, die den Beton zu porös gemacht habe. Dieser könne nun zu viel Feuchtigkeit an sich binden. Eine Gefahr für die künftige Sicherheit oder Standfestigkeit des AKW soll das angeblich nicht darstellen. Deshalb werde man den für das Fundament bereits verbauten minderwertigen Beton auch nicht wieder entfernen, sondern versuchen, dem Feuchtigkeitsproblem mit zusätzlichen Dampfsperren zu begegnen.
Bisher sind 40.000 der für den Bau geplanten 250.000 Kubikmeter Beton gegossen worden. Dass man erst jetzt auf die fehlerhafte Betonmischung aufmerksam wurde, sieht der Bauherr Teollisuuden Voima (TVO) nicht als ein Problem der Qualitätssicherung an. Vielmehr sprechen die Ereignisse dafür, dass diese funktioniere.
AKW-Kritiker hatten von Anfang an Bedenken geäußert, ob der Discount-Festpreis, zu dem Finnland sein fünftes AKW bekommt, nicht zulasten der Qualität gingen. Der jetzt bekannt gewordene Betonpfusch ist nicht unbedingt dazu angetan, diese Bedenken zu zerstreuen. Die Atomindustrie war so sehr daran interessiert, ein Referenzobjekt des weltweit ersten Prototypen der Reaktorengeneration EPR vorweisen zu können, dass man TVO versprach, einen 1.600-Megawatt-Reaktor für einen angesichts der tatsächlichen Baukosten unrealistischen Sonderpreis von 3 Milliarden Euro zu liefern.
Der britische Atomsicherheitsexperte John Large hatte in einem Rapport deshalb auch die Sicherheit der geplanten Konstruktion grundsätzlich in Frage gestellt. Die Baugenehmigung sei aufgrund des politischen und wirtschaftlichen Drucks innerhalb von 13 Monaten durchgepeitscht worden, obwohl vergleichbare Genehmigungsverfahren sonst sieben bis acht Jahre in Anspruch genommen hätten. REINHARD WOLFF