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Archiv-Artikel

Chemnitz droht rechte Revanche

RECHTSEXTREME Bürger stoppten den Neonazi-Großaufmarsch in Dresden im Februar. Die gefrusteten Rechten drohen Initiatoren. Und sie wollen heute in Chemnitz Stärke zeigen

„Man darf sich dadurch nicht einschüchtern lassen“

C. STRÖBELE, DROHBRIEFEMPFÄNGER

VON MICHAEL BARTSCH UND PLUTONIA PLARRE

Einen knappen Monat nach dem erfolgreich vereitelten Naziaufmarsch in Dresden bietet sich rechten Kräften am heutigen Freitag in Chemnitz die Gelegenheit zur „Revanche“. Die NPD hat einen „Trauermarsch“ anlässlich der Bombardierung der Stadt angemeldet. Nach verlässlichen Informationen erwartet die Chemnitzer Polizeidirektion bis zu 800 Teilnehmer aus ganz Deutschland.

Der 5. März, an dem vor 65 Jahren der Bombenangriff auf Chemnitz erfolgte, wird in der Stadt traditionell als „Friedenstag“ begangen. Zugleich organisierte seit 1998 die revisionistische „IG Stadtgeschichte“ einen „Trauermarsch“. Nun tritt erstmalig die NPD als Veranstalter auf. Mobilisiert wird auch in mindestens zwei der drei Freien Netze Deutschlands, in Nordwestsachsen und Thüringen. Aber auch autonome Nationalisten aus NRW werden mit einem Redner vertreten sein.

Für den NPD-Fraktionsvorsitzenden im Sächsischen Landtag, Holger Apfel, könnte Chemnitz zu einer Prestigefrage werden. Mit seinen Ambitionen auf den NPD-Bundesvorsitz braucht er unbedingt einen Erfolg beim zweiten „Heimspiel“.

Holger Szymanski, Landesvorstandsmitglied und Sprecher der NPD-Landtagsfraktion, verneint das auf Anfrage. Dies sei eine „regionale Veranstaltung“ und mit Dresden nicht zu vergleichen. In Kreisen des Chemnitzer Bündnisses für Frieden und Toleranz von Linken und Antifa wird aber befürchtet, die Nazis wollten sich in Chemnitz für die Schlappe von Dresden revanchieren. Der Frust sitzt offenbar tief.

So haben nach Informationen der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus rund 20 Personen, die am 13. Februar zur Blockade des Dresdner Naziaufmarsches aufgerufen haben, Drohbriefe bekommen (die taz berichtete). Auf den mit „Kommando 13. Februar“ gekennzeichneten Zetteln steht „… dein Leben interessiert uns brennend …“, beigelegt ist ein Streichholz. Auch der grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele hat am Mittwoch einen Drohbrief bekommen. „Man darf sich dadurch nicht einschüchtern lassen“, so Ströbele zur taz.

Die Chemnitzer Stadtverwaltung wollte die Veranstaltung verbieten, unterlag aber vor Gericht. Stattdessen unterstützt Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig von der SPD den Aufruf des Bündnisses „Kein Platz für Nazis“.

Das Bündnis hat für 16 Uhr am Theaterplatz eine Kundgebung angemeldet. Auch an anderen Plätzen sind Versammlungen geplant. Man hofft auf einen rechtskonformen zivilen „Massenwirkungseffekt“, der ähnlich wie in Dresden einen Marsch der Geschichtsrevisionisten verhindern könnte.