Herzschmerz in Niedersachsen

Endlich hat der Norden seine eigene Telenovela. Sie heißt „Rote Rosen“ und soll ab Herbst im ARD-Nachmittagsprogramm laufen. Die taz nord sagt, was auf jeden Fall im Drehbuch drinstehen muss

von Daniel Wiese

Monatelang hatte Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) für einen größeren Einfluss im NDR gekämpft, hatte hier eine Talkshow an Land gezogen, dort am Personalkarussell gedreht. Der endgültige, glorreiche Erfolg kam aber erst Mitte Januar. „Telenovela und kein Ende – ARD bringt ’Rote Rosen’ aus Niedersachsen“, meldete die dpa den Start von hundert Folgen Frauenschicksal aus Wulff-Land für den Herbst.

„Die Entscheidung zeigt einmal mehr: Niedersachsen ist ein hervorragender Produktionsstandort“, ließ sich ein zufriedener Ministerpräsident vernehmen. Und dann sagte er einen Satz, der nachdenklich macht: Niedersachsen, so Wulff, sei „ein höchst attraktives Umfeld für Geschichten aus dem Leben“.

Tatsächlich geht es bei der Telenovela ’Rote Rosen’ um die „realistische Geschichte einer Frau in den besten Jahren, die vor den Trümmern ihrer Existenz steht“, so die ARD. Die Frau soll Petra heißen, und die Existenztrümmer stellen sich ein, weil sie von ihrem Mann verlassen wird – der nämlich hat nicht nur eine Geliebte, sondern dieser auch ein Kind gemacht. Ein harter Stoff voller dramatischer Verwicklungen, der sich deutlich von den übrigen Telenovelas abhebt. ’Rote Rosen’ wird sich deutlich von den bereits laufenden Telenovelas unterscheiden“, so der federführende NDR-Fernsehdirektor Volker Herres. Warum? „Die Hauptprotagonistin ist eine selbstbewusste Frau Mitte 40, die mit beiden Beinen im Leben steht.“

Und damit nicht genug. Der Boden, auf dem Petra mit beiden Beinen steht, liegt mitten in einer der schönsten Landschaften Deutschlands. Nach harten Konkurrenzkampf mit Hannover hat die Freie und Heidestadt Lüneburg das Rennen um den Drehort gemacht, und so kommt im Plot von „Rote Rosen“ alles zusammen: eine Frau in den besten Jahren, die Trümmer ihrer Existenz, Heidschnucken und und die Lüneburger Backsteinarchitektur.

„Die Wahl fiel schließlich auf Lüneburg nicht nur wegen des besonderen Ambientes, sondern auch weil die Zahlen eine klare Sprache sprechen“, wiegelte die Geschäftsführerin der beauftragten Produktionsgesellschaft Multimedia, Claudia Schröder, ab. Es macht sogar das Gerücht die Runde, Lüneburg sei deswegen Drehort, weil die vermutliche „Petra“-Darstellerin Angela Roy (’Großstadtrevier’) samt allein erzogener Tochter im nahen Hamburg wohne.

Kenner des Nordens aber wissen: nirgendwo sonst als in Lüneburg und seiner Heide kann diese Geschichte spielen. Nur so kann sich Petra in der fünften Folge in einen Leibwächter von Ministerpräsident Christian Wulff verlieben, der mit Motorschaden in Lüneburg hängenbleibt und in einem Heidewirtshaus übernachtet, wo Petra vorübergehend als Kellnerin arbeitet. In Folge zwölf wird sie sich von diesem Leibwächter genau vor dem Ponyhof trennen, wo die Ponys der Kinder von Familienministerin Ursula von der Leyen stehen, die sie nicht nach Berlin mitnehmen konnte. Nach Wulff wird so auch von der Leyen zu einem schönen Gastauftritt verholfen – samt siebenköpfiger Kinderschar. Ob es eine Episode gibt, in der Petra von der Leyen als Babysitterin nach Berlin folgt, steht noch nicht fest, wohl aber, dass sie in Folge 37 einem feschen Herrn mit Schnauz begegnet, gespielt von Niedersachsens Rockstar Heinz Rudolf Kunze. Er mimt den Scheidungsanwalt ihres Mannes und wird von Petra dabei erwischt, wie er im Lüneburger Stadtteich eine H5N1-verseuchte Wildgans erlegt. Kunze schenkt Petra daraufhin ein Exemplar seines Buches „Artgerechte Haltung“ und legt sein Mandat bei ihrem Gatten nieder. Aber das ist erst in Folge 51 und darf eigentlich noch nicht verraten werden.