: Horst-Eberhard Richter: Pos gepudert
Ich bin kein Feminist. Aber die Frauen haben mich immer als ihren Verbündeten betrachtet. Vor 30 Jahren hat Willy Brandt das Buch „Frauen heute“ herausgegeben. Ich war damals der einzige Mann, der daran mitgearbeitet hat. Zu dieser Zeit hatte ich in einer Untersuchung in unserer psychosomatischen Uniklinik festgestellt, dass Männer sich immer als gesünder erklären, weil das Männlichkeitsstereotyp es verbietet, Krankheiten zuzugeben. Die Frauen haben sich vieles erkämpft, aber dass die Gleichberechtigung noch nicht völlig erreicht ist, liegt nicht nur an den Männern. Die Frauen brauchen mehr Mut, in Spitzenpositionen zu gelangen, statt zu sagen: „Was soll ich da mit den Männern um Macht buhlen!“ Meine Frau und ich sind seit 64 Jahren zusammen und waren immer gleichberechtigt. Als wir unsere drei Kinder bekamen, hat meine Frau gearbeitet und ich war Student. Ich hab die Vorlesungen sausen lassen und mich um die Kinder gekümmert: Pos gepudert und Windeln gewechselt. Und das hat mir Spaß gemacht. Horst-Eberhard Richter, 86, ist Psychoanalytiker und war Direktor des Psychosomatischen Universitätszentrums Gießen.