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Archiv-Artikel

Kliniken in der Klemme

NRW-Krankenhäuser klagen über sinkende Einnahmen und drohende Insolvenzen. Gesundheitsexperten sehen weniger schwarz: „Sie müssen sich spezialisieren und vernetzen“

VON GESA SCHÖLGENS

Nordrhein-westfälische Krankenhäuser sehen sich gleich von zwei Seiten bedrängt: Der Sparkurs von Landesregierung und Krankenkassen gefährdet ihre Existenz und Qualität. „Unsere technische Ausstattung ist veraltet. Viele Häuser können die Hygienevorschriften nicht erfüllen“, sagt Johannes Kramer, Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW (KGNW). Einige Kliniken stammten noch aus den 70er Jahren und müssten dringend renoviert oder umgebaut werden.

Fast jedes zehnte Krankenhaus wird laut einer Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) bis 2010 schließen, zum Teil wegen Fusionen. „Es gibt aber auch viele, denen es wirtschaftlich gut geht“, sagt Mitherausgeber Boris Augurzky. Die Entwicklung sei nicht nur negativ, da frei werdende Mittel in die gesunden Häuser flössen. „Der Markt konsolidiert sich.“

Noch sind die NRW-Krankenhäuser mit 235.000 Beschäftigten und 18.000 Azubis einer der wichtigsten Arbeitgeber. Damit das so bleibt, fordern sie ein anderes Finanzierungssystem: Die Kassenbeiträge sollen nicht mehr von der wirtschaftlichen Situation abhängen. „Wir haben ein Einnahmeproblem“, sagt Kramer. Schuld sei nicht nur der Förderstopp, sondern auch die Fallpauschale: Je nach Diagnose zahlen die Kassen nur noch einheitliche Summen, die Klinikbudgets sind an die Beiträge gekoppelt, welche seit Jahren kaum steigen. Teure Behandlungen, etwa von Krebskranken, würden nicht mehr ausreichend vergütet. „Kleine Klinken werden das auf Dauer nicht überleben“, sagt Gerald Oestreich, Geschäftsführer des Zweckverbands der Kliniken Minden, Lübbecke und Rahden. Das NRW-Gesundheitsministerium sieht die Ursache für die Probleme in erster Linie bei den Fallpauschalen. „Für Investitionen stehen genauso viele Mittel zur Verfügung wie 2005“, so Sprecher Ulrich Lensing. Die Situation der Kliniken sei aber insgesamt nicht so dramatisch, wie sie geschildert werde.

Zur hohen Krankenhausdichte in NRW wollte sich das Ministerium vorerst nicht äußern. Einige Experten raten zu wenigen und spezialisierten Kliniken. Hingegen rechtfertigen die 453 NRW-Krankenhäuser ihre Existenz mit den Patientenzahlen. Fast vier Millionen Menschen würden jährlich behandelt, Tendenz steigend. „Ob ein Krankenhaus gebraucht wird, entscheidet sich auch aus der Lokalität heraus“, sagt Oestreich vom Klinik-Zweckverband. Sein Verband decke zum Beispiel ein großes Gebiet ab. Die Rahdener müssten ohne eigenes Krankenhaus 40 Kilometer weit fahren. „Es geht nicht um die zu hohe Dichte, sondern um eine optimale Versorgung“, sagt Wilfried von Eiff, Leiter des Centrums für Krankenhaus-Management in Münster. Zusätzliche Gelder lösten die Probleme nicht, „das geht in diesem System unter, ohne Wirkung zu erzeugen.“ Die Kliniken müssten sich als Teil eines integrierten Versorgungsnetzes begreifen, in dessen Mittelpunkt bestimmte Patientengruppen stehen: „Der Herzinfarktpatient stellt andere Anforderungen an die Versorgung als der Diabetes-Patient.“ Durch verstärkte Zusammenarbeit mit Arztpraxen und Reha-Einrichtungen könnten Kosten gespart werden. Von Eiff warnt davor, das Gesundheitssystem „kaputt zu reden und kapuut zu sparen“. Nach wie vor sei der medizinische Standard hoch, „nicht zuletzt, weil wir über motiviertes und leistungsfähiges Personal verfügen.“