: Shit, es geht drunter und drüber in der Ritterstraße
EINE PARADE, DIE KEINE IST Zum zehnten Mal findet am Samstag die Shitparade des Labels Shitkatapult statt. Mit exzellentem Programm, diesmal im Ritter Butzke
Nicht nur Platten drehen und sanft zur Musik in den Hüften wiegen, sondern auf der Bühne die Sau rauslassen und so viel Bier wie möglich verschütten, das war schon immer die Sache von Marco Haas, der sich als T.Raumschmiere weltweit einen respektablen Ruf als echtes Techno-Tier erarbeitet hat. Als Techno-Rocker mit der Baseball-Cap. Als Iggy Pop der elektronischen Tanzmusik.
Inzwischen ist es zumindest in Berlin etwas ruhiger geworden um ihn, und sein Label Shitkatapult hat sich gesund geschrumpft. Sascha Ring alias Apparat arbeitet schon länger nicht mehr hier, weil er jetzt ein Weltstar ist, dafür veröffentlicht jetzt selbst der große Vordenker der Störgeräuschelektronik, Markus Popp aka Oval hier, was zeigt, dass das Label immer noch gut für Überraschungen ist.
T.Raumschmiere und Oval werden auch beide bei der zehnten Jubiläumsausgabe der Shitparade am Samstagabend im Ritter Butzke auftreten, und das alleine zeigt schon, dass man bei dieser Party mehr als das übliche DJ-Allerlei geboten bekommt. Markus Popp ist schließlich nicht bekannt dafür, gerne Massen zu bespaßen. Zu sehen, wie das Publikum auf seine Klangforschungen reagieren wird, das alleine dürfte schon recht interessant sein.
Die Shitparade war einst angetreten, der damals zunehmend als stumpfsinnig wahrgenommenen Love Parade mit ihren ewig gleichen Westbam-Hymnen und den schlimmen Abschlusskundgebungen von Dr. Motte an der Siegessäule etwas entgegenzusetzen. Etwas, bei dem man nicht gleich so weit gehen wollte wie die Fuckparade, wo man Friede, Freude, Eierkuchen fast ausschließlich mit Gabber exorzieren wollte. Etwas, bei dem einfach gute elektronische Musik aller Art lief, für die man sich nicht schämen musste und die auch auf Dauer nicht langweilte.
Um diesen Geist der Shitparade zur Jubiläumsausgabe nun adäquat wiedergeben zu können, hat man sich mit Ben De Biel als Co-Veranstalter zusammengetan, der inzwischen Pressesprecher bei den Piraten ist, in seinem inzwischen geschlossenen Club Maria aber auch schon immer darauf achtete, dass bei den Partys mehr geboten wurde als der typisch geschmackvolle Berliner Minimal-Techno.
Bei dem Programm, das Shitkatapult und Ben De Biel zusammengestellt haben, verspricht es so richtig drunter und drüber zu gehen. Der verschollen geglaubte Andreas Dorau wird überraschenderweise auftreten, Thomas Fehlmann und Gudrun Gut werden auftreten. Thomas Brinkmann, von dem man auch schon länger nichts mehr gehört hat, wird mit dabei sein. Patric Catani, der in seinen eigenen Produktionen schon alles von HipHop bis Breakcore verwurstet hat, darf bei einer Shitparade natürlich nicht fehlen. Und Thomas Meinecke kommt auch. Er wird Deep House auflegen, wie er das am liebsten tut, oder einfach etwas aus einem seiner Bücher vorlesen, wer weiß das schon. Vielleicht wird er auch nur Marco Haas eine Bierdusche verpassen. Hauptsache, es langweilt nicht. ANDREAS HARTMANN