: Unbegrenzte Haft für Jugendtäter
URTEIL Der Bundesgerichtshof erlaubt nachträgliche Sicherungsverwahrung auch für Jugendliche. Zur Tatzeit 19-jähriger Mörder bleibt trotz Verbüßung seiner Strafe in Haft
KARLSRUHE taz/rtr | Auch gegen jugendliche Straftäter kann eine nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) wies am Dienstag die Revision eines Mörders gegen ein Urteil des Landgerichts Regensburg ab, das seine weitere Inhaftierung wegen einer prognostizierten Rückfallgefahr nachträglich angeordnet hatte.
Die Anordnung sei nicht zu beanstanden, urteilten die Richter in Karlsruhe. Sie stehe in Einklang mit dem Grundgesetz und verstoße auch nicht gegen das Rückwirkungsverbot.
Der damals 19-jährige Daniel I. hatte 1997 eine 31-jährige Joggerin in einem Wald bei Kelheim getötet und sich dann an ihr vergangen. Knapp ein Jahr später wurde er verhaftet und wegen Sexualmordes zu zehn Jahren Jugendstrafe verurteilt.
Im Juli 2008 sollte er nach Verbüßung seiner Strafe freikommen. Ein Gutachter hatte ihm jedoch eine Persönlichkeitsstörung attestiert und weitere Straftaten nicht ausgeschlossen. Wegen des erhöhten Rückfallrisikos empfahl der Psychologe die nachträgliche Sicherungsverwahrung, die daraufhin auch angeordnet wurde. Das entsprechende Gesetz wurde erst wenige Tage vor der ursprünglich geplanten Freilassung von Daniel I. verabschiedet. Dagegen legte der Inhaftierte Revision beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe ein.
Anders als im Strafrecht für Erwachsene herrscht im Jugendstrafrecht nicht der Gedanke der Bestrafung vor, sondern der der Erziehung der noch formbaren Täter. Zusätzliche Brisanz erhielt das Verfahren, weil der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Dezember die in Deutschland geltende nachträgliche Sicherungsverwahrung generell als Verstoß gegen die europäische Menschenrechtskonvention gerügt hatte. Das Straßburger Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, da die Bundesregierung Rechtsmittel angekündigt hat.
Die Zahl der erwachsenen Verwahrten hat sich seit Mitte der 1990er-Jahre mehr als verdoppelt. Seit 1998 wurde das entsprechende Gesetz mehrfach verschärft, mit dem Ergebnis, dass die Zahl der betroffenen Strafgefangenen von damals rund 180 auf inzwischen rund 500 gestiegen ist.
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