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Archiv-Artikel

SOUNDTRACK

Oft erinnert einen die Musikwelt schmerzlich an Karl Kraus’ Erkenntnis, dass nicht alles, was totgeschwiegen wird, tatsächlich lebt. Besonders gilt dies, wenn von breiten Kreisen längst vergessene Bands tapfer Album auf Album mit sozusagen unlebendiger Musik einspielen. Ein gutes und gleichzeitig schlechtes Beispiel dafür sind New Model Army. Gut, weil es sich um eine Band handelt, die vor allem in den 80ern breite Kreise mittlerweile Erwachsener auf dem Weg durch ihre Postpunk-Pubertät begleitete. Ein Weg, der gepflastert war mit pathetischen Hymnen, die sich gerade noch so geschickt durch die Fallen aller denkbaren Rock- und Folk-Peinlichkeiten lavierten, vor allem natürlich ein Weg, auf dem man um „51st State“ nicht herumkam, diese zentrale Kampfansage der europäischen Jugend an den US-amerikanischen Imperialismus, die man so wohl heute nicht mehr unterschrieben würde. Nur noch Eingefleischte haben wohl mitbekommen, dass auf die ersten sechs mehr oder weniger essenziellen Alben seit 1998 noch fünf weitere folgten. Ein schlechtes Beispiel ist die Band aber, weil es natürlich immer Ausnahmen geben muss, und New Model Army eben die Ausnahme sind. Dies hat nicht zuletzt auch mit der Aufrichtigkeit zu tun, mit der die Belegschaft um Justin Sullivan bis heute den Glauben an die soziale Gerechtigkeit besingt und so das banale Wissen am Leben erhält, dass die Welt nicht besser geworden ist und dass altern nichts mit der Aufgabe jeglichen Veränderungswillens zu tun haben muss. Befürchtungen, dass sich das auch auf die Musik beziehen könnte, dürften allerdings unbegründet sein. Do, 11. 3., 20 Uhr, Markthalle, Klosterwall 11 Für Arte gehören die Fleshtones zu den Erfindern des „Super Rock“. Darunter kann man sich die Art von Musik vorstellen, die vor ungefähr 24 Jahren in den Wirren des US-Punks entstand, sich dann aber nicht zwischen Punkrock und Hardcore entscheiden wollte. Mit dieser produktiven Unentschiedenheit sind mittlerweile 26 Platten gefüllt worden, die anfänglich noch von Bläsern und Farfisa- Orgeln geprägt waren, was den Rock mit dem Charme von Wehmut überzieht. Das Grundgerüst war aber auch damals schon eine eigentümliche Mischung aus Rockabilly, Surf und Soul, die zusammengenommen äußerst schmutzigen Garage-Rock’n’Roll ergab. „Stooges“, „Cramps“ und „New York Dolls“ spielen nicht vor, sondern gleichzeitig mit Chuck Berry: das sind wohl die Fleshtones in ihren großen Momenten. Ob die schon waren (siehe oben) oder noch anhalten: selbst überprüfen. Mo, 15. 3., 20.30 Uhr, Hafenklang, Große Elbstraße 84 NILS SCHUHMACHER