Der absolut richtige Mann

Wenn man so will, war der Weg zum Fußball-Drittligisten Holstein Kiel für Karsten Neitzel so etwas wie ein logischer Schritt. Der Norden fehlte dem ehemaligen Junioren-Nationalspieler der DDR nämlich noch im Portfolio.

Geboren wurde Neitzel 1967 in Dresden und dort brachte er es zum Erstliga-Spieler bei Dynamo. 1994 zog es ihn in den südwestlichsten Zipfel Deutschlands, zum SC Freiburg. Als Spieler gelang ihm dort nicht so recht der Durchbruch, er kam nur auf 18 Bundesliga-Einsätze. Aber er arbeitete zehn Jahre lang als Assistent des damaligen Freiburg-Trainers Volker Finke.

Von September 2011 bis April 2013 war er – um es mit den Worten Herbert Grönemeyers zu sagen – „tief im Westen“ beschäftigt, beim VfL Bochum. Er begann dort als Assistent von Andreas Bergmann und rückte nach dessen Entlassung auf den Cheftrainerposten. Es war keine erfolgreiche Zeit – nach einem guten halben Jahr war für Neitzel schon wieder Schluss.

Und nun also Kiel. Neitzel ist nach dem überraschenden Rücktritt von Thorsten Gutzeit, der Holstein in die Dritte Liga zurückgeführt hatte, der neue Chef der „Störche“. Für den 45-Jährigen wird diese Aufgabe im Hinblick auf seine weitere Karriere im Profigeschäft von großer Bedeutung sein. In Kiel wird sich zeigen, ob dem langjährigen Assistenten die Chefrolle überhaupt liegt. Die erste Chance in Bochum hat er ja schon verwirkt.

Bei seinem ersten Auftritt als neuer Trainer verströmte Neitzel Zuversicht – in seiner ruhigen Art. Die großen, lauten Töne schlägt er nicht an. Das schätzt auch Andreas Bornemann, der Sportliche Leiter bei Holstein Kiel. „Wir haben einen richtig guten Weiterentwickler mit hohem Sachverstand und Kompetenz gefunden“, sagt er und nennt Neitzel den absolut richtigen Mann. Er kennt Neitzel aus gemeinsamen Zeiten beim SC Freiburg und als der Holstein-Cheftrainerposten nach dem Abgang von Gutzeit neu zu besetzen war, erinnert er sich an ihn.

Neitzel erhält einen Zweijahresvertrag und in Kiel erwarten sie von ihm in der ersten Saison den Klassenerhalt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Sie trauen ihm aber auch zu, dass er Holstein Kiel in der dritthöchsten Spielklasse etabliert.

Der neue Mann bringt eine besondere Philosophie mit. „Der Chef auf dem Platz ist die Spielsituation“, sagt Neitzel. „Es war schon immer mein Ziel, dass Mannschaften relativ schnell lernen, für Spielsituationen Lösungen zu finden.“ Am 20. Juli dürfen die „Störche“ unter Beweis stellen, ob sie ihren neuen Chef verstanden haben. Zum Auftakt der Saison gastiert Holstein bei Hansa Rostock.  CHRISTIAN GÖRTZEN