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Archiv-Artikel

Innenminister Friedrich im Kreuzfeuer der Kritik

BUNDESREGIERUNG Die Opposition reagiert empört auf die dünnen Ergebnisse des Besuchs von Hans-Peter Friedrich in den USA

„Schaden vom Volke abzuwenden, das stelle ich mir anders vor“

PEER STEINBRÜCK

BERLIN dpa/rtr/afp | Nach der USA-Reise von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) setzt die Opposition die Regierung in der Abhöraffäre stärker unter Druck. Der Besuch in Washington sei ein Debakel gewesen, kritisierten SPD, Grüne und Linke. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sprach mit Blick auf die Ergebnisse von „blankem Hohn“. Friedrich habe sich geradezu naiv mit belanglosen Äußerungen und angeblichen Zugeständnissen abspeisen lassen.

Zugleich warf Steinbrück Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, ihren Amtseid gebrochen zu haben. „Frau Merkel hat als Kanzlerin den Amtseid geschworen, Schaden vom deutschen Volke abzuwenden“, sagte Steinbrück der Bild am Sonntag. „Schaden vom Volke abzuwenden, das stelle ich mir anders vor.“ Jeden Monat seien 500 Millionen Verbindungsdaten der Deutschen abgesaugt worden. Der vom Kanzleramt koordinierte Bundesnachrichtendienst habe dies wissen müssen. Der Bundestag müsse nun prüfen, inwieweit es Pflichtversäumnisse oder sogar Grundgesetzverletzungen im Kanzleramt gegeben habe. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Michael Grosse-Brömer, wies Steinbrücks Vorwürfe als absurd zurück. „Jedes Kind weiß, dass eine Bundeskanzlerin nicht für die Geheimdienste anderer Länder zuständig ist“, sagte er. „Nur Herr Steinbrück braucht da offenbar noch Nachhilfe.“

Innenminister Friedrich hatte nach seinen Gesprächen in den USA das Ausspähen der internationalen Kommunikation durch die NSA verteidigt. Dadurch seien weltweit 45 Anschläge verhindert worden, 5 davon in Deutschland, sagte er in TV-Interviews. Alle Geheimdienste der Welt, auch der Bundesnachrichtendienst, würden mit ähnlichen Programmen arbeiten. Die US-Regierung habe ihm aber versichert, dass sie keine Wirtschaftsspionage in deutschen Unternehmen betreibe.

Dennoch will das Bundesamt für Verfassungsschutz offenbar auf die Affäre reagieren. „Wir müssen noch intensiver auf die digitalen Herausforderungen durch Spionage sowie Terrorismus und Extremismus eingehen“, sagte Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Der Verfassungsschutz müsse sich auf die wachsende Bedrohung durch Cyberspionage analytisch wie organisatorisch, aber auch mit entsprechenden Ressourcen einstellen. In der Behörde wurde nach FAS-Informationen eine Sonderarbeitsgruppe eingesetzt, die über Konsequenzen aus den Enthüllungen berät.