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Archiv-Artikel

Wind lass nach

KLEINWINDANLAGEN Bei der Neue-Energien-Messe in Husum werden kommende Wochen auch Mini-Windräder gezeigt. Der Betrieb rechnet sich meistens noch nicht. Doch die Branche lässt sich nicht beirren und tüftelt weiter

„Die Branche steckt noch in den Kinderschuhen“

Ulf Gerder, Bundesverband für Windenergie

VON BENJAMIN KNAACK

Wenn in der kommenden Woche Aussteller aus aller Welt bei der „New Energy“-Messe die neuen Entwicklungen in Sachen erneuerbarer Energie präsentieren, werden neben Solarenergie und Biomasse vor allem die Kleinwindanlagen im Mittelpunkt stehen. Mittlerweile gibt es dutzende Hersteller dieser Anlagen und ebenso viele Varianten: von Geräten, die wie eine Satellitenschüssel am Wohnwagen hängen, bis hin zu knapp 30 Meter hohen Windrädern, die einen ganzen landwirtschaftlichen Betrieb versorgen sollen – der Fantasie sind allenfalls physikalische Grenzen gesetzt.

Es gibt Modelle, die den großen Anlagen nachempfunden sind und ebenfalls mit Rotorblättern angetrieben werden. Einige sehen aus wie die Drehscheiben vor Kiosken, die wahlweise die Bild-Zeitung oder Eis am Stiel bewerben. Wiederum andere ähneln dem Buchstaben H. Neben den verschiedenen Modellen schwankt auch der Anschaffungspreis extrem: zwischen 1.000 und 40.000 Euro kann man für eine Kleinwindanlage ausgeben.

Variantenreich sind auch die Leistungspotenziale. Die kleinsten haben gerade einmal eine Nennleistung von sechs Watt, doch mangels klarer Definitionen, was denn nun genau eine Kleinwindanlage ist, werden auch Maschinen mit 500 Kilowatt Nennleistung dazugezählt.

Die Entscheidung, sich eine Kleinwindanlage in den Garten, an die Dachrinne oder auf den Hof zu stellen, hat momentan eher emotionale Gründe. „Viele haben keine Lust, den Energiekonzernen das Geld hinterherzuschmeißen“, sagt Thorsten Endelmann vom Bundesverband Kleinwindanlagen. Für die Besitzer bieten sich zwei Möglichkeiten: Entweder sie verbrauchen den Strom selber, oder sie speisen ihn ins Stromnetz ein. „Einige der kleinen Windenergieanlagen mit weniger als drei Kilowatt Nennleistung, die man sich auf den Dachstuhl montieren soll, erzeugen bei üblichen Winden kaum mehr Energie als für den Betrieb einer Glühlampe notwendig ist“, sagt Stephan Barth vom Zentrum für Windforschung. Das Problem sei die niedrige Windgeschwindigkeit in geringer Höhe. „Wenn der Wind abnimmt, dann geht auch die Leistung der Anlagen rapide zurück.“

Die staatliche Förderung gleicht diesen Nachteil nicht aus. Das Erneuerbare Energien Gesetz, das die Verbreitung von sauberem, ressourcenunabhängigem Strom fördern soll, stärkt hauptsächlich die Solarenergie. Das Gesetz garantiert zwar die Abnahme von Strom aus Windkraft durch den nächstgelegenen Netzbetreiber zu einem bestimmten Preis. Dieser liegt jedoch in den ersten fünf Jahren lediglich bei neun Cent pro Kilowattstunde, danach sogar nur noch bei etwa fünf Cent. Bei durch Photovoltaikanlagen erzeugtem Strom hingegen liegt der Regelsatz bei etwa 40 Cent. „Das ist eine unfaire Ungleichbehandlung mit der Solarenergie“, sagt Endelmann.

Zwar rentieren sich die großen Windkraftanlagen, die Kleinwindanlagen sind jedoch nur als Energieproduktionsstätten für landwirtschaftliche Betriebe ökonomisch sinnvoll, wie Ulf Gerder vom Bundesverband für Windenergie sagt. „Entscheidend dabei ist, dass der produzierte Strom selber verbraucht wird, da das Einspeisen ins Stromnetz sich nicht rechnet.“

So ist die Zahl der kleinen Windräder in Norddeutschland denn auch überschaubar. „Die Branche steckt noch in den Kinderschuhen“, sagt Gerder. Die Anlagen unterliegen der Bauordnung, meist sind die Genehmigungsverfahren noch recht langwierig. Das liegt vor allem an der Seltenheit solcher Anträge. „Menschen, die den Bau einer Kleinwindanlage beantragen, sind meist Pioniere in ihrer Bauordnungsbehörde“, sagt Gerder. Thomas Endelmann vom Bundesverband Kleinwindanlagen fordert sogar eine Gesetzesänderung: „Das Recht muss dazu da sein, den Bau zu ermöglichen und nicht zu verhindern.“

In diese Richtung geht ein kürzlich veröffentlichter Erlass des Innenministeriums von Schleswig-Holstein, der die Zulassung des Baus von Kleinwindanlagen regelt und den Bauämtern eine Anleitung für das Genehmigungsverfahren an die Hand gibt. Als Bauausschlusskriterien gelten hier Lärm, Schattenwurf und „die bedrängende Wirkung der Rotoren“. Der Naturschutz spielt derzeit noch keine Rolle. „Wir haben noch keine Studien dazu“, sagt Carsten Wachholz vom Naturschutzbund. „Bei einer massenhaften Integration ins Stadtbild müsste man aber über die Konsequenzen nachdenken.“

Nach dem Willen der Kleinwindanlagen-Befürworter sollen die Windräder zentral kontrolliert werden, damit potenzielle Käufer sich besser orientieren können. „Unser Bestreben ist es, eine einheitliche Zertifizierung für die Anlagen hinzubekommen“, sagt Gerder. Außerdem soll nach dem Vorbild Schleswig-Holsteins ein deutschlandweit einheitliches Baugesetz eingeführt werden. „Das“, sagt Endelmann, „wäre Rückenwind für die Branche“.