: Lauter Geheimtipps?
STADTTOUR „Die Stadt hinter der Stadt“ zeigen, das möchte ein Berlin-Stadtführer. Doch wie verborgen ist ein Ort, wenn man gleich beim Verlassen der U-Bahn-Station auf ihn hingewiesen wird?
Wir geben Reisenden Tipps in und um Berlin: zu Sehenswürdigkeiten, Trinken in angesagten Vierteln und Ostalgie. Und die 11. 000 Aussteller aus etwa 180 Ländern, die diese Woche auf der Internationalen Tourismusbörse (ITB) in Berlin zusammentreffen, können in dieser Stadt nicht nur genießen und bummeln, sie können auch von Berlin lernen. Denn Berlin ist in der Krise als Reiseziel noch beliebter geworden. Die Zahl der Übernachtungen stieg 2009 im Jahresvergleich um 6,2 Prozent auf rund 18,9 Millionen. Dabei legte sowohl die Zahl der Gäste aus Deutschland zu (plus 4,5 Prozent) als auch die Zahl der ausländischen Reisenden (5,9 Prozent). Da viele ausländische Metropolen Rückgänge verzeichneten, hat sich die deutsche Hauptstadt als Gewinner in der Krise erwiesen.
Als Nichtberlinerin mache ich mich auf die Suche nach verborgenen Orten in Berlin, den entsprechenden Führer in der Hand. Meine erste Station ist Riehmers Hofgarten, ein Wohnkomplex mit Innenhof, der Ende des 19. Jahrhunderts als Gegenentwurf zu den typischen Hinterhofbauten entstand und nach wie vor ein sehr gut restauriertes Refugium vom Bau- und Straßenlärm der Außenwelt ist. Mitten in Kreuzberg.
Nach so viel Beschaulichkeit folgt das Kontrastprogramm. Um zu den Gärten im Luisenstädtischen Kanal und der St.-Michaels-Kirche zu kommen, empfiehlt der Stadtführer die Fahrt mit der U-Bahn bis zum Kottbusser Tor und bringt mich damit fast zur Verzweiflung! Genauere Wegbeschreibungen oder einen Stadtplan sucht man in dem Buch vergebens, und so bin ich in dem Verkehrschaos als Nichtberlinerin unbedingt auf weitere Stadtführer angewiesen. Nach all der Mühe bin ich enttäuscht: Natürlich hatte ich mitten im Februar keine blühenden Parkanlagen erwartet, aber ganz so trostlos hatte ich mir die Gärten nicht vorgestellt.
Weiter geht’s zum Historischen Hafen am Märkischen Ufer. Die alten Schiffe sehen in dem halb zugefrorenen Seitenarm der Spree malerisch aus, auch wenn mir nicht klar ist, was der Hafen in diesem Stadtführer zu suchen hat. Wie versteckt ist ein Ort, wenn man gleich beim Verlassen der U-Bahn-Station auf einem Schild liest „Historischer Hafen: 100 m“? Für ähnlich fraglich halte ich auch die Verborgenheit der Galerie Deutsches Guggenheim. Unter den Linden gelegen, entgeht sie wohl nur wenigen Touristen.
Ein Höhepunkte meiner Tour ist Clärchens Ballhaus in der Nähe der Oranienburger Straße. Dort stolpere ich beim Studio 54 über eine Skulpturenausstellung unter freiem Himmel und ein Stück weiter über Hinterhofläden. In Clärchens Ballhaus angekommen erklärt mir der Kellner zwar, dass gerade Touristen gern dorthin kommen, trotzdem ist dieses Café und Restaurant, in dem abends nach wie vor getanzt wird, für mich eine Entdeckung. Mein letztes Ziel: eine tadschikische Teestube im Palais am Festungsgraben. Nachdem ich wie alle Besucher meine Schuhe ausgezogen habe, nehme ich auf Teppichen und Kissen an einem niedrigen Tischchen Platz. Der Raum ist holzgetäfelt und von geschnitzten Säulen getragen. Auch hier kommen mir Zweifel, wie „verborgen“ die Teestube wirklich ist.
Doch wenn auch nicht alle Orte wirklich geheim waren: Ich habe tatsächlich ein bisschen Berlin jenseits von Friedrichstraße und Brandenburger Tor gesehen. HANNAH WEYRICH
■ Axel Klappoth: „Verborgene Orte in Berlin“. Yuba Edition Axel Klappoth, 2009, 17,90 Euro