: Fraktionsstatus zunächst gesichert
Im Bundestag zweifelt kaum jemand am Fortbestand der Linksfraktion. Der Chef des Geschäftsordnungsausschusses des Bundestages, Thomas Strobl (CDU), sieht den Fraktionsstatus zumindest nicht in akuter Gefahr. Selbst falls die sechs mit einem WASG-Parteibuch ausgestatteten Parlamentarier die Fraktion verlassen müssten, behalte die verbleibende 47-köpfige Gruppe ihren Fraktionsstatus, erklärte der Unions-Abgeordnete.
Alle Probleme sind damit für die Linksfraktion und ihren Status im Parlament jedoch noch nicht aus der Welt. Laut Strobl steht weiter die Frage im Raum, ob die Fraktion „in ihrer Gesamtheit, also auch mit den WASG-Mitgliedern, so bestehen kann“. Das sei „eine schwierige Rechtsfrage“, sagte Strobl. „Wir betreten damit juristisches Neuland.“ Erst wenn die strittige Situation in den Ländern auf die Bundestagsfraktion durchschlagen würde, könnte der Fraktionsstatus der Linken wackeln. Ähnliche Meinungen kamen gestern aus der Grünenfraktion. Dort will man sich jedoch noch nicht auf einen Kurs festlegen.
Hinter dem Juristenstreit steht die Frage, ob die Geschäftsordnung des Bundestages die Verbindung von Linkspartei- und WASG-Mitgliedern in einer Fraktion erlaubt. Laut Paragraf 10 müssen Fraktionsmitglieder „derselben Partei oder solchen Parteien angehören, die aufgrund gleichgerichteter politischer Ziele in keinem Land miteinander im Wettbewerb stehen“.
Zur befürchteten Konkurrenz könnte es nun aber bald in Berlin kommen. Dort stimmen die WASG-Mitglieder bis zum 7. März ab, ob sie eigenständig zur Abgeordnetenhauswahl antreten wollen. Bislang sieht es nach einem Nein zur Kooperation mit der Ex-PDS aus.
CDU-Politiker Strobl geht davon aus, dass sich der Bundestag und sein Ausschuss mit der Frage noch beschäftigen werden, schränkt aber ein: „Bis zur Stunde liegt mir aber noch kein Antrag dazu vor.“ Denn im Zweifelsfall entscheidet laut Geschäftsordnung die „Zustimmung des Bundestages“. Doch hierfür sieht der SPD-Fraktionsvize Fritz Rudolf Körper „keinen Grund, da sich die beiden Parteien in zwei Bundesländern in Gegnerschaft befinden“. Auch in Mecklenburg-Vorpommern rivalisieren WASG und Linkspartei.
Ähnliche Kritik äußert Unionsfraktionschef Wolfgang Bosbach (CDU): „WASG und Linkspartei müssen wissen, ob sie sich auf gleichwertige Ziele einigen. Falls nicht, ist die Rechtslage zum Fraktionsstatus klar.“ Zurückhaltender formuliert das der parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Jörg van Essen: „Wenn die WASG in Berlin ihre eigene Liste einreicht, dann muss der Bundestag eine Antwort finden.“
Für Linke-Vizefraktionschef Bodo Ramelow ist die Debatte um den Fraktionsstatus Nebensache. Aus seiner Sicht geht „eine viel größere Bedrohung“ vom Bundesverfassungsgericht aus. Im kommenden Jahr könnte Karlsruhe darüber entscheiden, ob die Zulassung der Linkspartei zur vergangenen Bundestagswahl zulässig war. „Wenn das Gericht gegen uns entscheidet“, sagt Ramelow, „dann hätte die gesamtdeutsche Linke dadurch einen gewaltigen Schaden.“
MATTHIAS LOHRE