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Archiv-Artikel

Opel Bochum wackelt

Konzernmanager drohen mit Schließung eines europäischen Werks ab 2010. Der Bochumer Betriebsrat fürchtet Verlust einer Schicht schon im Sommer. Experte: „Kein Testballon“

VON KLAUS JANSEN

Das Bochumer Opelwerk ist erneut in Gefahr. Opel-Chef Hans Demant kündigte gestern anlässlich des Genfer Autosalons die Schließung eines Werkes in Europa ab 2010 an. In diesem Jahr läuft die Produktion des Opel Astra in den Werken Bochum, Ellesmere Port (England), Antwerpen (Belgien) und Gliwice (Polen) aus. Derzeit erfüllten weder die Standorte Ellesmere Port noch Bochum das erforderliche Produktivitätsniveau, sagte Demant in einem Zeitungsinterview. Der Europachef des Mutterkonzern General Motors, Carl-Peter Forster, kündigte eine Entscheidung noch in diesem Jahr an.

Eineinhalb Jahre nach ihrem wilden Streik im Herbst 2004 wird die Lage für die Bochumer Opelaner damit wieder ernst. „Das ist die Fortsetzung der alten Crash-Politik, das ist unverantwortlich“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Rainer Einenkel der taz. Allerdings ist auch ihm klar, dass nicht alle europäischen Werke ab 2010 den neuen Astra produzieren können. Er forderte General Motors deshalb dazu auf, künftig auch die bisher nur für den US-amerikanischen Markt produzierten Marken Chevrolet und Cadillac in Europa fertigen zu lassen. „Zur Not kann man die auch von hier nach Amerika verschiffen“, sagte er. Einenkel befürchtet zudem, dass schon in diesem Sommer eine komplette Schicht mit etwa 1.000 Arbeitsplätzen in einem der drei bedrohten Werke wegfallen könnte. Er kündigte für diesen Fall gemeinsame Proteste der europäischen Werke an.

Obwohl die Belegschaft in einem Zukunftsvertrag dem Abbau von rund 2.800 Arbeitsplätzen zugestimmt hatte, gilt das alte Werk immer noch als teuerster und am wenigsten zukunftsträchtiger Standort in Europa. „Gliwice wird auf keinen Fall geschlossen, die anderen drei Werke teilen das Risiko“, sagte der Automarktexperte Ferdinand Dudenhöffer. Er geht davon aus, dass die Schließungspläne ernstzunehmen sind: „Wenn das nur ein Testballon ist, kommuniziert man das nicht auf der wichtigsten Automesse des Jahres.“ Zudem stehe Opel trotz des Sanierungsplans weiter unter Druck, die Verkaufszahlen seien weiterhin schwach. „Der Befreiungsschlag ist noch nicht gelungen,“ sagte Dudenhöffer der taz.

Die Arbeitnehmervertreter aller vier europäischen Astra-Standorte forderten die Opel-Chefs in einer gemeinsamen Erklärung dazu auf, auch im Falle einer Reduzierung der Produktion auf Werksschließungen zu verzichten. Produktionsausfälle sollten statt dessen gleichmäßig auf alle Standorte verteilt werden, hieß es.

Für den Experten Dudenhöffer ist das jedoch keine tragfähige Lösung: „Im Zweifelsfall ist es besser, ein Werk ganz herauszunehmen“, sagte er. Das sieht wohl auch Opel-Chef Demant so: „Den Schmerz gleich zu verteilen, hilft nicht wirklich.“