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Archiv-Artikel

Machtmensch mit Elefantenschlips

Kann man um „grelle Krawatten mit Jagdmotiven“ juristisch streiten? Ferdinand Piëch schon. Der VW-Aufsichtsratschef zog jüngst gegen die Wirtschaftswoche unter anderem deswegen vor Gericht, weil diese ihm eine Vorliebe für solch extravagante Binder nachgesagt hat. Dabei trugen die Elefanten auf dem Schlips doch ein Traggestell. Und „Transportelefanten werden in der Regel nicht bejagt“, argumentierte Piëchs Anwalt.

Wer wegen so etwas vor Gericht zieht, geht auch sonst kaum einer Auseinandersetzung aus dem Wege. Ferdinand Piëch regierte bis 2002 als Vorstandsvorsitzender im Volkswagenkonzern mit harter Hand und führte den Konzern mit dem Kauf von Nobelmarken wie Bugatti und eigenen Luxusmodellen in die Oberklasse. Mag sein, dass man sich als Enkel von Ferdinand Porsche nicht mit schnöden Massenmobilen zufrieden geben kann.

Sicher aber ist, dass Piëchs kostspielige Strategie seinen Nachfolger Bernd Pischetsrieder vor große Probleme stellt. Ein milliardenschweres Sparprogramm soll jetzt die Marke VW wieder dauerhaft profitabel machen. Stellenabbau statt Vier-Tage-Woche wie einst unter Piëch. Und den Phaeton, Piëchs letztes VW-Luxusmodell, schätzt Pischetsrieder offenbar auch nicht so sehr. Zumindest wird der Verkauf des Modells in den USA eingestellt.

Das kann Piëch, seit einigen Jahren Chef des VW-Aufsichtsrats, nicht gefallen. „So abrupte Kurven fahren wir nicht“, kommentierte er gern Forderungen nach einem Strategiewechsel. Möglicherweise hat er deshalb auch gestern öffentlich über die Zukunft Pischetsrieders gesprochen. Ob der Aufsichtsrat den Vertrag mit ihm verlängert, sei eine „offene Frage“, sagte Piëch dem Wall Street Journal. Die Hälfte der Mitglieder im Kontrollgremium, die Arbeitnehmervertreter, seien dagegen, die Kapitalseite dafür. – Und er persönlich auch, sagte Piëch. Natürlich.

Damit wäre eigentlich alles klar: Pischetsrieder hat eine Mehrheit im Aufsichtsrat. Und es bliebe sogar Zeit, die Arbeitnehmer umzustimmen. Denn schließlich steht frühestens im Mai die Personalie offiziell auf der Tagesordnung.

Was treibt Piëch also zu solch einem Affront? Es ist eine Demonstration der Macht. Denn den Aufsichtsratsvorsitz wird Piëch im kommenden Jahr abgeben. Ob er dann überhaupt in dem Gremium bleibt, ist noch nicht klar. Doch niemand soll auf die Idee kommen, Piëch sei daher eine „lahme Ente“. Im Gegenteil: Seit dem Herbst ist Porsche Großaktionär bei VW. Der Sportwagenbauer wiederum wird kontrolliert von den Familien Porsche und Piëch. So oder so – Ferdinand Piëch wird bei VW noch lange mitreden.

STEPHAN KOSCH