: „Digitale Notwehr“
WORKSHOP Auf einer „Kryptoparty“ lernen Gäste, wie sie sicher Emails schreiben und surfen
■ 30, Diplom-Informatiker, Vorsitzender des Landesverband der Piratenpartei in Bremen. Er ist seit Jahren netzpolitisch aktiv. Foto: Tobias M. Eckrich
taz: Herr Raible, wie groß ist der Party-Anteil bei einer „Kryptoparty“?
Sebastian Raible: Ich hoffe sehr groß! Wir haben Getränke da und nach einem Einstiegs-Vortrag beginnt der Workshop.
Was passiert da?
Wir zeigen Tools, mit denen man Emails verschlüsselt, etwa GPG. Mit dem Tor-Netzwerk kann man anonym surfen und Browser Add-ons bessern den Datenschutz nach.
Wer kommt denn zu solchen „Partys“?
Sie richten sich an Einsteiger. Ihnen werden technische Möglichkeiten gezeigt, aber es wird auch über die gesellschaftlichen Probleme gesprochen. Grundlegende Kenntnisse sollte man mitbringen, und, wenn man will, auch einen eigenen Rechner.
Verstehen Einsteiger bei „GPG“, „Tor“ oder „Add-Ons“ nicht nur Bahnhof?
Das kann ich mir gut vorstellen. Denn Aufklärung wird vom Staat nicht gefördert. Stattdessen wird etwa „De-Mail“ beworben, womit Geschäfte rechtssicher werden sollen. In Wirklichkeit versteckt sich dahinter ein Dienst mit öffentlicher Hintertür. Deswegen setzen wir die Kryptopartys dagegen.
„De-Mail“ hat Hintertüren, wie sie bei der Prism-Affäre diskutiert werden?
Ganz genau. Staatliche Behörden haben gewissermaßen einen Hauptschlüssel. Das ist die Zweischneidigkeit: Man heuchelt Empörung, aber richtet eine Infrastruktur ein, die dazu geschaffen ist, eine Sicherheitslücke zu haben.
Der Aufwand, im Alltag verschlüsselt zu kommunizieren bleibt extrem hoch. Ist das wirklich die Alternative?
Man muss sich vor Augen halten, dass wir mit Computern mit einer hochkomplexen Technik arbeiten. Es ist wichtig, sich da rein zu denken. Ich würde mir auch lieber keine Sorgen machen, ob jemand meine Emails mitliest. Aber bevor wir das politisch ändern, üben wir mit Verschlüsselung eine digitale Notwehr.
Die Verschlüsselungs-Partys sind wegen der Prism-Affäre so populär wie nie. Gilt das auch für die Piratenpartei?
Ich bekomme sehr positive Rückmeldung. Die Leute merken, dass die Piraten seit ein paar Jahren erzählen, was jetzt durch die Medien geht. Interview: KIS
19 Uhr, Daniel-von-Bühren-Str. 15