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Archiv-Artikel

Spreu vom Weizen trennen

Die touristischen PR-Agenturen sind Mittler zwischen ihren Kunden und den Medien. Was erwarten sie von Journalisten? Wie gehen sie mit kritischen Berichten um? Eine Befragung von vier Agenturen

Interview EDITH KRESTA und GÜNTER ERMLICH

taz: Was sind die wichtigsten Aufgaben Ihrer PR-Arbeit in der Touristikbranche?

Dorothea Hohn: Die Aufbereitung von Informationen in Form von Pressetexten, Hintergrundberichten, Interviews, Statements, Präsentationen während Pressekonferenzen und Veranstaltungen und natürlich auf Pressereisen.

Angelika-Hermann Meier: Grundsätzlich: unsere Kunden positiv ins Gespräch bringen!

Thomas Wilde: Wir verstehen uns im Verhältnis zu den Medien als Mittler zwischen Journalisten/Redaktionen und den Unternehmen, die uns mit der Betreuung ihrer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beauftragen. Das heißt: Wir sondieren Themen, bereiten diese auf und suchen den passenden Adressaten.

Kai Ostermann: Mit proaktiven Aktionen ist es unser Ziel, die Aufmerksamkeit gegenüber unseren Kunden zu erhöhen. Diese soll ebenso zu einem positiven Gesamtimage beitragen wie auch zu erhöhten Besucher-, Passagier- und Gästezahlen.

Nach welchen Kriterien vergibt Ihre Agentur Pressereisen? Nach der Auflagenhöhe des Mediums, dem persönlichen Kontakt zur Redaktion oder dem guten Namen des Journalisten/der Journalistin?

Hohn: Wir vergeben gar keine Pressereisen, sondern laden sehr zielgruppenspezifische Medien zu bestimmten Themen und Anlässen ein. Bei sehr ausgewählten Themen wie Golf macht es nur Sinn, Special-Interest-Magazine genau dazu einzuladen, die durchaus eine kleine Auflage haben können.

Hermann-Meier: Das Thema der Pressereise muss zur Zielgruppe des Mediums passen. Grundsätzlich laden wir nur Journalisten ein, die oder deren Arbeit wir persönlich kennen. Bei einer Gruppenreise achten wir darauf, dass wir keine konkurrierenden Medien einladen. Es gibt einige Journalisten, die wir nicht auf Pressereisen mitnehmen, da sie sich nur schwer in eine Gruppe einfügen können.

Wilde: Die Auflagenhöhe hat für uns nicht die Priorität. Wir bedienen unsere Medienpartner nach Möglichkeit zielgruppengerecht. Wir arbeiten gerne mit Journalisten zusammen, mit denen wir bereits gute Erfahrung gemacht haben.

Ostermann: Es handelt sich um eine Mischung. Das Medium muss die Zielgruppe des Kunden abdecken. Eine hohe Auflage ist natürlich auch nicht zu verachten – ebenso ist der persönliche Kontakt zu den Medien wichtig. Hat sich ein Journalist beispielsweise auf vergangenen Reisen als besonders partnerschaftlich herausgestellt, ist er natürlich auch künftig ein gern gesehener Gast.

Sie sind als PR-Agentur Mittler zwischen Ihren Kunden (Airlines, Hotels, Fremdenverkehrsämter, touristische Regionen) und den Reiseredaktionen und Reisejournalisten. Wo liegen die Schwierigkeiten in diesem Dreiecksverhältnis?

Hohn: Die größte Herausforderung liegt darin, Kunden klar zu machen, was PR-Arbeit leisten kann und was nicht; vor allem, dass wir keinem Journalisten vorschreiben, was er zu schreiben hat. Gerade internationalen Kunden ist die Reichweite unserer deutschen Pressefreiheit oft nicht klar. Sie sind sehr schnell verärgert, wenn ihre Produkte oder Regionen nicht in das Licht gerückt werden, das sich die Gastgeber vorstellen.

Hermann-Meier: Durch die ständige Kommunikation mit unseren Kunden stellen wir sicher, dass Journalisten keine sich widersprechenden Informationen erhalten. Dazu gehört auch – dies gilt vor allem für individuelle Pressereisen bzw. Freitickets etc. – zu vermeiden, dass Journalisten Agentur und Kunde „austricksen“ oder gegeneinander ausspielen. Gleichzeitig achten wir darauf, dass bei sehr attraktiven Kunden (z. B. Luxushotels) Medienvertreter nur dann untergebracht werden, wenn die Reise tatsächlich in einem beruflichen Zusammenhang steht und nicht nur dem kostenlosen Privatvergnügen dient. Ein Problem, das derzeit immer mehr zunimmt, ist dagegen die Erwartung einiger Medien, dass Kunden für redaktionelle Berichterstattung bezahlen. Als journalistisch orientierte PR-Agentur sind wir hier sehr zurückhaltend.

Wilde: Häufig haben in PR-Angelegenheiten weniger erfahrene Auftraggeber oder Kunden aus dem Ausland Erwartungen, die sich im journalistischen Alltag bei uns in Deutschland, Österreich und der Schweiz nicht nach ihren Vorstellungen umsetzen lassen.

Ostermann: Als Agentur wollen wir natürlich beiden Seiten gerecht werden. Die Medien sollen schnell mit den gewünschten Infos oder der angebrachten Unterstützung versorgt werden. In der Zusammenarbeit mit fernen Ländern kann dies schwierig sein, da kulturelle Unterschiede und die Zeitverschiebung die Arbeit manchmal verzögern.

Was erwarten Sie von Reisejournalisten, denen Sie zur Recherche im Auftrag Ihrer Kunden einen kostenlosen Aufenthalt in einem touristischen Zielgebiet oder einem noblen Wellness-Hotel ermöglichen?

Hohn: Wir erwarten vom Reisejournalisten, dass er seine Aufgabe ernst nimmt, recherchiert, arbeitet und anschließend solide berichtet. Wir freuen uns natürlich über positive Geschichten. Sollte es aber Anlass zu Kritik geben, ist es sein legitimes Recht, diese genauso zu äußern. Außerdem erwarten wir, dass sich der Journalist den Landessitten entsprechend kleidet und verhält und dem Gastgeber gegenüber nicht unverschämt wird.

Hermann-Meier: Wir erwarten keine Hofberichterstattung!

Wilde: Wir laden Journalisten ein, um die Produkte und Leistungen unserer Kunden persönlich kennen zu lernen. Von den Journalisten erwarten wir eine faire, ausgewogene und möglichst kompetente Berichterstattung.

Ostermann: Der Kunde erwartet für seine Einladung natürlich eine gewisse Gegenleistung. Es ist uns jedoch bewusst, dass dies gewissen Beschränkungen unterliegen kann. Generell gilt aber: Eine erbrachte Leistung von Kunden-Seite sollte auch entsprechende Beiträge generieren. Daran wird eine Agentur schließlich gemessen.

Wie gehen Sie bzw. Ihre Kunden mit negativ gefärbten Reiseberichten um? Werden kritisch berichtende Journalisten beim nächsten Mal nicht mehr eingeladen?

Hohn: Nein. Konstruktive Kritik kann jeder in unserem Land äußern. Wir schauen uns natürlich an, was negativ ist und wo die Ursachen liegen – ob es tatsächlich Gründe gibt oder ob persönliche Motive zugrunde liegen.

Hermann-Meier: Aufgrund unserer sehr hochwertigen Kunden sind wir in der glücklichen Lage, dass wir noch nie mit negativen Reiseberichten konfrontiert worden sind. Grundsätzlich: Ein zu Recht kritischer Autor ist für uns keine Persona non grata, sondern könnte in unseren Augen Auslöser für berechtigte Verbesserungen vor Ort sein.

Wilde: Es gehört zum Alltag einer Spezialagentur, dass Journalisten a) sich auch kritisch mit unseren Kunden auseinander setzen und b) wir es mit einem recht übersichtlichen Kreis an Journalisten zu tun haben. Schon allein deshalb können wir es uns nicht erlauben, Journalisten von Veranstaltungen oder Einladungen fern zu halten, wenn sie sich kritisch äußern. Wir bereiten unsere Kunden auch darauf vor, sich einem kritischen Journalismus zu stellen. Es ist allerdings in den 20 Jahren seit Bestehen der Agentur auch schon vorgekommen, dass Journalisten nicht wieder eingeladen werden, weil sie sich auf Reisen nicht angemessen verhalten und/oder sachlich falsch und bewusst schädigend geschrieben haben.

Ostermann: Es kommt sehr stark auf die Kritik an. Ist der Tenor eher positiv, einzelne Bereiche aber auch kritisch begutachtet werden, ist gegen diese objektive Meinung nichts einzuwenden. Rät ein Artikel aber regelrecht von einer Destination ab, ist dies natürlich nicht erfreulich für eine Pressestelle.

Reisejournalisten haben keinen guten Ruf. Was sind die Gründe dafür? Gibt es zu viele Schnorrer in der Branche?

Hohn: Die überwiegende Mehrheit der etablierten Reisejournalisten macht hervorragende Arbeit und bringt durch ihre Geschichten die touristische Welt in deutsche Wohnzimmer. Einige penetrante Schnorrer verzerren das Bild. Mit der großen Professionalisierung der PR-Branche nimmt deren Anteil aber kontinuierlich ab. Denn es gibt nichts mehr zu schnorren: Jeder muss mittlerweile seinem Kunden sehr genau Rechenschaft darüber ablegen, was für wen gemacht wird und wie das Ergebnis daraus ist.

Hermann-Meier: Nicht nur der Ruf, sondern auch die Arbeit der Reisejournalisten hat sich in den letzten Jahren sehr stark verbessert. Sicherlich gibt es nach wie vor „Schnorrer“, die uns auch begegnet sind, deren Arbeit wir jedoch nicht unterstützen, d. h. wir laden sie weder zu Pressekonferenzen noch zu Pressereisen ein. Wilde: In unserer täglichen Arbeit haben wir es kaum mit „Schnorrern“ zu tun. Wir selektieren genau und arbeiten ausschließlich mit Journalisten und Medien zusammen, die uns bekannt sind. Die Spreu trennt sich schon im Vorfeld vom Weizen.

Ostermann: Wir denken keineswegs, dass Reisejournalisten einen schlechten Ruf haben. Wie in jeder Berufsgruppe gibt es sehr professionelle Vertreter.