AUCH DIE MEHRHEIT DER DEMOKRATEN STIMMTE FÜR DEN „PATRIOT ACT“ : Sicherheit, garantiert von Big Brother
George W. Bush kann zufrieden sein: Trotz gehörigen Ärgers über sein im Dezember bekannt gewordenes heimliches Lauschprogramm und der daraufhin folgenden Abstrafung durch den Kongress hat es der US-Präsident nun doch noch geschafft, sein Anti-Terror-Gesetzespaket vom Parlament dauerhaft verlängern zu lassen. Der „Patriot Act“ ist eine der Säulen von Bushs Krieg gegen den Terror – und die meisten US-Bürger meinen, damit eine Garantie für ihre Sicherheit zu haben.
In den USA, wo selbst die Idee des Datenschutzes fremd ist, ist es jetzt tatsächlich kein allzu großer Schritt mehr von der freien Einsicht in Grundbuchdaten bis hin zur Offenlegung des Bankkontos. Das ist auch der Grund, warum zuletzt selbst die große Mehrheit der Demokraten dem „Patriot Act“ zustimmte. Ein Aufstand hätte sich für sie nicht gelohnt. Denn die Wählenden könnten sie am Ende noch abstrafen: dafür, dass sie den Schutz der Privatsphäre über die Sicherheit der ganzen Nation stellen. Hier hat Bushs mantraartige Rhetorik von der permanenten Bedrohung durch Terroristen ihren größten Erfolg: Amerikas Bürger wähnen sich tatsächlich in einer Art Kriegszustand, der eben ein kleines Opfer von jedermann erfordert – notfalls eben auch die in der Verfassung garantierten bürgerlichen Freiheiten. Der wehrhafte Staat und Big Brother, für Bürger der Bundesrepublik eine Horrorvorstellung, gelten den meisten US-Amerikanern als komfortables Ruhekissen.
Das wissen auch die demokratischen Abgeordneten und Senatoren. Ihnen gelingt es seit den Anschlägen vom 11. September 2001 nicht, sich dem Wahlvolk als kompetent in Sachen nationale Sicherheit darzustellen. Deswegen geben sie bei den vermeintlichen und von Bush meisterhaft instrumentalisierten „Leben oder sterben“-Fragen regelmäßig kleinlaut nach. Das Resultat: Nun haben Amerikas Geheimdienste Möglichkeiten, die in Europa schlichtweg inakzeptabel wären. Sie können Arztakten durchforsten, Bibliothekscomputer checken, Telefon- und E-Mail-Verkehr mitverfolgen – all dass, ohne dass die betroffene Person jemals darüber informiert werden muss. Nur: Terroristen sind auf diese Weise zumindest bisher noch nicht gefasst worden. ADRIENNE WOLTERSDORF