: Verspäteter Atommüll
EINLAGERUNG Nach Angaben der SPD wurden noch nach 1978 radioaktive Abfälle in die Asse gebracht
WERNER NORDIG, BFS-SPRECHER
Die Einlagerung von Atommüll in die Asse II endete nach offizieller Darstellung Ende 1978. Doch dabei handelt es sich möglicherweise um eine weitere Lüge. Denn nach Angaben der SPD im niedersächsischen Landtag wurden noch nach 1978 radioaktive Abfälle in die Asse gebracht.
Darauf deuteten jedenfalls Unterlagen der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) und der Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF) hin, sagt die umweltpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Petra Emmerich-Kopatsch. Nach bisherigen Angaben war die Einlagerung von Atommüll in das Bergwerk Asse zum 31. Dezember 1978 beendet worden. Doch Begleitpapiere der GNS wiesen in einigen Fällen aus, dass Fässer erst im Januar 1979 auf den Weg Richtung Asse gebracht worden seien, so Emmerich-Kopatsch. Merkwürdigerweise werde auf denselben Papieren mit Datum Februar 1979 bestätigt, dass die Fässer zwischen Weihnachten und Jahresende 1978 das Atommülllager erreicht hätten.
„Nach erster Durchsicht besteht bei mehr als 100 Fässern der Verdacht, dass sie nach dem offiziellen Ende der Einlagerung dennoch unter Tage verbracht wurden“, sagt die Politikerin. Die Fässer hätten laut Frachtpapieren vor allem Atommüll aus deutschen Atomkraftwerken (AKW) enthalten. Offenbar seien sämtliche Betriebshöfe bei den AKW im Jahr 1978 von allen radioaktiven Abfällen geräumt worden. Die unterschiedlichen Datierungen legten die Vermutung nahe, dass dieser Prozess am 31. Dezember 1978 noch nicht abgeschlossen gewesen sei.
Den Unterlagen zufolge wurden die Fässer von der Bundesbahn angeliefert. Einige der Fässer hätten fünf Tonnen gewogen, sagt Emmerich-Kopatsch: „Ein Hinweis auf die enorme Abschirmung, die man verwendete, um die Strahlung auf der Außenseite der Behälter zu reduzieren.“
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) kann die Vermutungen der Politikerin weder bestätigen noch dementieren. „Wir haben Hinweise, dass noch nach 1978 Abfälle in die Asse eingelagert werden sollten, es gibt dafür aber keine Beweise“, sagte BfS-Sprecher Werner Nording gestern der taz. „Aufklären kann die Sache nur der frühere Betreiber, das Helmholtz Zentrum.“REIMAR PAUL