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Archiv-Artikel

Dauerraucher fliegt raus

URTEIL Weil ständig Zigarettenqualm aus seiner Wohnung ins Treppenhaus ziehe, sei eine fristlose Kündigung durch die Vermieterin gerechtfertigt, sagt ein Düsseldorfer Gericht

„Wir können uns doch nicht alles verbieten lassen“

MIETER FRIEDHELM ADOLFS

VON PASCAL BEUCKER

KÖLN taz | Starke Raucher sollten aufpassen: Zu viel Qualm im Treppenhaus kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Das geht aus einem am Mittwoch verkündeten Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf hervor. Danach muss es eine Vermieterin nicht dulden, wenn der exzessive Tabakkonsum eines Mieters „im gesamten Haus zu einer unzumutbaren und gesundheitsgefährdenden Geruchsbelästigung“ führt.

Das Gericht hatte über den Fall des Düsseldorfers Friedhelm Adolfs zu befinden. Im Januar hatte ihm seine Vermieterin Brunhilde L. fristlos gekündigt und die Räumungsklage eingereicht. Die Begründung: Der 75-jährige Rentner habe „die Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs“ erheblich überschritten und „das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme“ verletzt, weil seit eineinhalb Jahren aus seiner kleinen Parterrewohnung an der Kühlwetterstraße „permanent ein im gesamten Treppenhaus wahrnehmbarer unerträglicher und gesundheitsschädlicher Zigarettenrauch herausströmt“.

Dieser Argumentation folgte jetzt Amtsrichter Tobias Rundel. Das Rauchverhalten von Adolfs stelle „eine ebenso erhebliche wie gänzlich überflüssige Verletzung des Mietvertrages“ dar, heißt es in der Urteilsbegründung. Angesichts der Gesundheitsgefährdung der Mitmieter sei die fristlose Kündigung rechtmäßig. Trotz Abmahnungen habe Adolfs seine Wohnung nur unzureichend gelüftet, sodass der Zigarettenrauch in das Treppenhaus gezogen sei.

Zwar sei dem Beklagten zuzustimmen, „dass das Rauchen in der Wohnung grundsätzlich zum vertragsgemäßen Mietgebrauch gehört“ – aber es gebe Einschränkungen. Ausdrücklich würdigte Rundel die „veränderte gesellschaftliche Beurteilung und neue Erkenntnisse über die nicht unerheblichen Gefahren des Passivrauchens“. Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit der Nachbarn habe in diesem Fall Vorrang vor dem Recht auf freie persönliche Entfaltung des Rauchers. Daran ändere auch die Nikotinsucht des Beklagten nichts, da er seine Sucht und ihre Folgen „allein selbst zu verantworten hat, indem er vor 50 Jahren mit dem Rauchen begann und seitdem nie aufhörte“.

Für Adolfs ist das Urteil bitter. Seit 40 Jahren lebt der frühere Hausmeister in seiner einstigen Dienst- und jetzigen Mietwohnung. Der hagere Mann mit dem angegilbten grauen Vollbart bestreitet das ihm vorgeworfene Verhalten: Er habe stets ausreichend gelüftet, sein Fenster sei ständig gekippt, beteuert der Witwer. Er vermutet, dass es sich nur um einen Vorwand handelt, um seine Wohnung in lukrativen Büroraum umzuwandeln.

Ob Adolfs Angaben stimmen, hätte eine Beweisaufnahme ergeben können. Dafür jedoch hätte seine Anwältin Nina Plein rechtzeitig bestreiten müssen, dass eine unzumutbare Belästigung vorliegt. Doch das hat sie vermasselt: Als unentschuldigt verspätet ließ das Gericht ihre Erwiderung nicht zu. Somit galt gemäß den zivilprozessualen Regeln der Tatsachenvortrag der Klägerin als unbestritten.

Auch auf ein Gewohnheitsrecht, weil er schon immer in der Wohnung geraucht hat, könne sich Adolfs nicht berufen, befand Richter Rundel. Denn das würde letztlich darauf hinauslaufen, dass die Vermieterin „bis auf Weiteres – womöglich bis zum Lebensende des Beklagten – den unstreitigen Rauch im Treppenhaus“ dulden müsste. Dies sei „nicht nur ungerechtfertigt, sondern völlig absurd“.

Adolfs hat angekündigt, in die Berufung zu gehen: „Wir können uns doch nicht alles verbieten lassen.“