: Recht auf Wasser in Südafrika
Mussten 1994 noch 40 Prozent der Bevölkerung ohne sauberes Trinkwasser im eigenen Hausoder in der unmittelbaren Nähe auskommen, so sind es inzwischen nur noch 19 Prozent
HAMBURG taz ■ Südafrika gehört zu den wenigen Staaten der Welt, die das Recht auf Wasser in der Verfassung verankert haben. Es ist nicht bei Absichtserklärungen geblieben, und im neuen Weltwasserentwicklungsbericht heißt es: „Südafrika hat ein umfassendes Programm zur grundlegenden Wasserversorgung initiiert, um wirkungsvolle, bezahlbare und auf gerechte Weise zugängliche Wasserdienstleistungen für alle bereitstellen zu können. Südafrika hat erfolgreich das Millenniumsziel der Halbierung der Zahl der Menschen ohne Zugang zu Wasser verwirklicht.“
Mussten 1994 noch 40 Prozent der Bevölkerung ohne sauberes Trinkwasser im eigenen Haus oder in der unmittelbaren Nähe auskommen, sind es inzwischen noch 19 Prozent. Weniger günstig steht es um die sanitäre Entsorgung. Immer noch leben 39 Prozent der Einwohner ohne angemessene Toiletten. Beunruhigend ist auch, dass 59 Prozent der Schulen und Krankenhäuser nicht über sanitäre Anlagen verfügen.
Erfolge wurden dort erreicht, wo es gelang, die lokale Bevölkerung aktiv einzubeziehen. Beispiel Kliptown, ein Stadtteil von Soweto. Die Siedlung besteht aus 7.000 Hütten. Jeweils 20 Familien teilen sich einen Wasserhahn, 11 Familien eine Toilette. Ein Hauptproblem: Abwasser floss durch die Gassen, meist dann, wenn jemand an einem Gemeinschaftswasserhahn seine Wäsche wusch. Das Grundwasser wurde mit Fäkalien aus überflutenden Toiletten verdreckt. Die Bewohner beschlossen, Abwassersiele zu bauen und diese an eine regionale Abwasserleitung anzuschließen. Das Bauvorhaben wurde in Selbsthilfe durchgeführt und von der Regierung mitfinanziert. Jetzt landet ein großer Teil des Abwassers der Siedlung in den Sielen. Ein Nebeneffekt des Projekts: Die gemeinsame Arbeit stärkte den Zusammenhalt in der Siedlung.
In Südafrika zeigt sich, wie eng die Verwirklichung des Rechts auf Wasser mit der Überwindung von Armut zusammenhängt. Aus dem UN-Bericht geht hervor, dass mehr als 34 Prozent der Bevölkerung von weniger als umgerechnet zwei Dollar am Tag leben müssen. Kein Wunder, dass sich die Armen vehement gegen steigende Wasserpreise wehren, die dazu dienen sollen, eine Kostendeckung zu erreichen.
Wenig verständlich ist, warum der Bericht die Landfrage in Südafrika ausklammert. Nach kürzlich veröffentlichten Zahlen der Regierung verfügt die schwarze Bevölkerungsmehrheit nur über 16 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen, während die weißen Farmer weiterhin den größten Teil des Landes und damit auch des Wassers kontrollieren. Wasser bleibt trotz aller Erfolge der Regierungspolitik ein konfliktträchtiges Thema. Das hat die Regierung gemerkt und jeder Familie 6.000 Liter kostenloses Wasser im Monat zugesagt.
FRANK KÜRSCHNER-PELKMANN