: Wenn es wie bei Muttern schmeckt
Christoph Esser ist der Koch im tazcafé. Und was ist sein Erfolgsgeheimnis? Das Interview
taz: Du kochst jeden Tag „aktuell“, und das fast ganz ohne Wiederholungen. Wie geht das?
Christoph Esser: Ich habe zu Hause eine ziemlich umfangreiche Kochbuch-Bibliothek. Ich liebe ja wirklich alle Küchen, und dank Internet bin ich sozusagen ein internationaler Koch.
Radio Multikulti am Herd?
Kann man so sagen. Deshalb fühle ich mich auch so wohl hier. Ich kann selber den Plan machen, international kochen, alles, was mich interessiert.
Das taz-Prinzip: Wer hier arbeitet, verdient wenig und darf sich im Gegenzug verwirklichen?
Ja, das stimmt. Ich habe vorher Catering gemacht, da ging das durchaus auch, aber nur in Ansätzen. Mal gab es österreichische Küche, manchmal auch Sushi. Es gibt eben keine Küche, die ich nicht mag.
Hast du schon mal im Ausland gearbeitet?
Nein, noch nie. Ich habe eine behinderte Tochter und bin dadurch ziemlich an Deutschland gebunden. Dafür habe ich schon in japanischen Restaurants gearbeitet. Ich reise gerne, war aber noch nie in Amerika oder Australien.
Aber wenn du in einem anderen Land bist, probierst du erst mal alles durch?
Ja, ich war gerade in Belgien, Flandern. Da interessiere ich mich schon für die Lebensart. Die essen gerne gut.
Was hat dir am besten geschmeckt?
Sehr eigenartig fand ich eine Pastete mit Großgarnelen und Blutwurst. War aber interessant, gut mit Zitrone abgeschmeckt. Aber auch sehr teuer. Dafür gibt es dort aber auch Fritten in allen Variationen.
Neulich gab es im taz-internen Mailverkehr eine Beschwerde darüber, dass es im tazcafé nie mal Pommes gibt.
Ach ja? Das hat mich noch nicht erreicht! Das ist eine gute Idee, nächste Woche gibt es dann selbst gemachte Pommes.
Mit selbst gemachter Mayonnaise womöglich?
Hey, hey, langsam, wir sind hier immer noch eine Kantine. Das schaffen wir gar nicht.
Überlastet?
Nein, aber hier ist schon eine Menge zu tun, um die Mittagszeit brennt die Hütte, auch wenn die Kunden das nicht mitbekommen.
Welche Gerichte gehen denn am besten?
Richtig reingehauen wird, wenn es Königsberger Klopse oder Gulasch gibt.
Ach was – ausgerechnet, wenn es deutsche Küche gibt?
Na ja, wie es bei allem so ist. Wenn es wie bei Muttern schmeckt, das mögen die Menschen eben. Allein der Name der Gerichte lockt die Menschen an, das riecht nach Heimat.
Ist das frustrierend für dich: Kochst hier die ganze Welt rauf und runter, und dann wollen die Leute doch lieber Klopse essen?
Nein, gar nicht. Dafür werden ja auch die japanischen Gerichte gut angenommen, das war anderswo nicht so.
Inwiefern?
Die Kunden hier im tazcafé sind offen, die probieren einfach alles aus.
Schon mal verliebt gewesen und die Suppe versalzen?
Ist mir einmal passiert! Da kam dann mein Kollege und meinte: Du, die Suppe ist versalzen! Aber verliebt war ich da nicht, war irgendwas anderes.
Und dann?
Ich habe sie mit Wasser und pürierten Kartoffeln verlängert, das zieht dann das Salz raus.
Solche Ratschläge sind gefragt, es gibt ja auf allen Kanälen Kochshows.
Tim Mälzer finde ich ganz witzig. Die Küche sieht aus wie ein Saustall. Damit nimmt er Leuten die Scheu: Versucht einfach, aber raffiniert zu kochen!
Dank Fernsehen ein neuer Traumberuf: Koch?
Ich bin gelernter Bäcker und habe auf Koch umgesattelt wegen einer Mehlstauballergie. Ich bin Quereinsteiger. Zudem habe ich noch Großhandelskaufmann gelernt, was in Bezug auf den Einkauf nicht schadet. Eine Betriebskantine muss sich schließlich an das Budget halten.
Ist das denn ein Problem?
Die tazler wollen große Portionen haben! Ich musste schon aufstocken. Ein Mittagessen hat normalerweise 400 Gramm, hier bin ich schon bei 500 Gramm. INTERVIEW: MARTIN REICHERT