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Archiv-Artikel

Ein gut inszenierter Abgang

TSCHÜSS, PLATZECK!

Platzecks Entscheidung ist nicht mutig, sondern schlicht vernünftig

Selten wurde eine Rücktrittsankündigung so positiv aufgenommen wie die von Matthias Platzeck am vergangenen Montag. Allseits wird der brandenburgische Ministerpräsident, dessen Stern seit dem BER-Desaster nicht mehr ganz so strahlend glänzte, in den höchsten Tönen für seine Entscheidung gelobt. Sein „Mut“ verdiene größten Respekt, war in diversen Kommentaren zu lesen. Was dem Sozialdemokraten auf jeden Fall zugestanden werden muss: Er hat seinen Abgang von der politischen Bühne gut inszeniert.

Wie der 59-Jährige in seiner Rücktrittserklärung das preußische Arbeitsethos zelebrierte, war schon beeindruckend: Er habe immer geplant und halte weiter daran fest, bis zu seinem 70. Lebensjahr zu schuften. Leider dürfe er aber auf ärztlichen Rat nur noch 50 Stunden malochen, nicht mehr jene 80 Stunden, die sein Regierungsjob benötige. Ob ihm bewusst war, dass sich das auch als Ohrfeige für jene sozialdemokratischen Gewerkschafter lesen lässt, die sich immer noch über die Rente mit 67 aufregen?

Eine Nummer kleiner hätte es jedenfalls auch getan. „Ich möchte ein Leben nach der Arbeit führen und nicht mit den Füßen zuerst aus dem Rathaus getragen werden“, sagte Henning Scherf bei seinem Abtritt als Bremer Bürgermeister 2005. Wer hätte es Platzeck nach dem Schlaganfall übel genommen, wenn er seinen Abschied mit der gleichen Begründung angekündigt hätte?

„Die biblische Erkenntnis, dass alles seine Zeit hat, gilt auch für Politiker“, sagte Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust in seiner Rücktrittsrede 2010. Selbst ein gänzlich Ungläubiger kann sich dieser Einsicht nicht verschließen. Trotzdem erkennen Politiker allzu selten, wann sie ihren Zenit überschritten haben. Aufzuhören, bevor es zu spät ist, daran scheitern viele. Bestes aktuelles Beispiel dafür: Klaus Wowereit. Irgendwann kommt der Punkt, an dem nur noch der Amtsinhaber selbst sich für unersetzbar und unfehlbar hält. Dann wird es bitter, der Fall Helmut Kohls hat es anschaulich gezeigt.

„Demokratie hat immer etwas mit Machtverleihung auf Zeit zu tun“, sagte Platzeck in seiner Rücktrittserklärung. Ein banaler Satz, der trotzdem weise ist. Der Potsdamer tritt zu einem Zeitpunkt ab, an dem sein Weggang noch weithin bedauert wird. Seine Entscheidung ist nicht mutig, sondern schlicht vernünftig. „Besser aufrecht abgehen als scheibchenweise fallen“, brachte es die Zeit auf den Punkt.

PASCAL BEUCKER