Der Sympathisant

Herbert Hainer hat in dieser Woche, als die Staatsanwaltschaft die Anklageerhebung gegen Uli Hoeneß verkündete, nichts mehr gesagt. Musste er auch nicht. Seine Meinung, ob Hoeneß gegebenenfalls als Bayern-Chef zurücktreten soll, hatte der Adidas-Chef schon vor Wochen kundgetan: „Ich bin der Meinung, dass es keinen Besseren für diese Position gibt.“ Hoeneß habe „eine zweite Chance“ verdient. Adidas hält 9,1 Prozent der Anteile an der Bayern AG, Hainer ist Vizechef des Aufsichtsrats, Hoeneß der Vorsitzende.

Adidas, die Sportartikelfirma mit dem sauberen Image, hat eine lange Geschichte in den Geschäften der „Fußballfamilie“, wie sie Fifa-Chef Sepp Blatter gerne nennt. Dem früheren Adidas-Chef Horst Dassler, so erzählt es der Fifa-Kenner Andrew Jennings, verdankt Blatter seine Karriere im Weltfußball. Dassler gründete die Sportrechtefirma ISL, die sich mit Schmiergeldzahlungen an Sportfunktionäre die Rechte an Weltmeisterschaften sicherte.

1990 übernahm Bernard Tapie (der Olympique Marseille mit Bestechung zum Erfolg verhalf) die Aktienmehrheit an Adidas. Drei Jahre später wird Robert Louis-Dreyfus Adidas-Chef. Das ist der Mann, der wegen illegaler Spielertransfers verurteilt wurde – und Hoeneß das „Spielgeld“ für sein Schweizer Konto lieh. Hainer ist seit 2001 Louis-Dreyfus’ Nachfolger. Die „Fußballfamilie“ – sie lebt von langfristigen Loyalitäten.

Sport hat nicht die Vorbildfunktion, die er sich selbst gerne zuschreibt. Im Gegenteil: Er zeigt, wie viel Korruption, Betrug und andere Kriminalität eine Gesellschaft zu tolerieren bereit ist, wenn sie nur unterhalten wird. Der Steuerhinterzieher Hoeneß, der weder in Politik noch Wirtschaft eine zweite Chance bekäme, wird wohl Bayern-Präsident bleiben. MARTIN REEH