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Archiv-Artikel

Streit um giftigen Elbschlick

Baggergut-Depot in der Nordsee: Hafenbehörde sieht sich mit Schlickbeseitigung allein gelassen. Vom Oberlauf der Elbe stamme mehr Gift als aus Hafen-Sediment

Die Hafenbehörde (HPA) wehrt sich gegen die Kritik an der Baggergut-Verklappung in der Deutschen Bucht (taz nord berichtete). Das meiste Gift stamme aus dem Oberlauf des Stroms. Hamburg könne dessen Beseitigung nicht allein aufgebürdet werden. Die Schadstoffmenge, die es verklappe, sei im Verhältnis zu dem, was die HPA an Land behandele, und erst recht zu dem, was vom Oberlauf herabgespült werde, gering. „Man muss die Größenverhältnisse beachten“, sagte Axel Netzband von der HPA.

Vergangene Woche hatte Georg Irion vom Forschungsinstitut Senckenberg in Wilhelmshaven das Deponie-Konzept der HPA infrage gestellt. Die Behörde glaubte, bei Helgoland ein Seegebiet gefunden zu haben, in dem Sand und Schlick aus der Elbfahrrinne und dem Hafen stabil gelagert werden könnten: In dem Gebiet herrsche eine kreisförmige Strömung. Irion hält diese These für falsch. Er prognostiziert, dass der feinkörnige Anteil des Baggergutes, an dem die Schadstoffe haften, ins Wattenmeer gespült werde.

In ihrer Erwiderung kommentiert die HPA diese Kritik nicht. Sprecher Netzband verwies gegenüber der taz bloß darauf, dass das Verklappen „strikten Auflagen unterliegt und intensiv mit Untersuchungen begleitet wird“. Falsch liege Irion mit seiner Behauptung, dass über die Flussmündung hinaus keine Schadstoffe aus der Elbe in die Nordsee geschwemmt würden.

Um zu verhindern, dass vergiftetes Sediment ins Meer gespült werde, müssten alle Elbanlieger zusammenarbeiten. Schließlich sei die Belastung hunderte von Kilometern oberhalb Hamburgs viel höher als in der Hafenstadt. Hamburg habe sich bereits vor 25 Jahren diesem Problem gestellt und pro Jahr eine Million Kubikmeter Elbsedimente entsorgt. 750 Millionen Euro habe die Stadt dafür bezahlt. Netzband zur taz: „Es stellt sich die Frage, ob diese aufwendige Behandlung am Ende eines Flusses dauerhaft sinnvoll und vermittelbar ist.“

Das Gift DDT beispielsweise stamme vor allem aus Tschechien, den Flüssen Schwarze Elster und Mulde. In der Elbe schwämmen pro Jahr 15 Kilogramm davon bis in die Flussmündung oder sogar in die Nordsee. Mit dem Hamburger Baggergut seien im vergangenen Jahr ein Kilo DDT in der Nordsee deponiert und rund vier Kilo an Land behandelt worden.

Aus Sicht des schleswig-holsteinischen Bundestagsabgeordneten Rainder Steenblock (Grüne) rüttelt Irions Kritik an den Grundlagen des Staatsvertrages zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein zur Deponie. Kiel müsse diesen kündigen. Und Hamburg solle sich von seinen Plänen einer weiteren Elbvertiefung „schnellstmöglich verabschieden“. Gernot Knödler