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Archiv-Artikel

Familienförderung à la Pankow

FILZ In Pankow hat ein Amtsleiter Aufträge an seine Ehefrau vergeben. Inzwischen ermittelt der Korruptionsbeauftragte. Offen ist, wie viel Bürgermeister Köhne (SPD) davon wusste

„Auch Bezirksbürgermeister Köhne hat von den Aufträgen Kenntnis gehabt“

GUDRUN SCHÜTZE, AUFTRAGNEHMERIN

VON UWE RADA

Nicht nur bei der Howoge, auch im Bezirksamt Pankow wird das Vergaberecht offenbar zugunsten bestimmter Auftragnehmer neu interpretiert. Nach Informationen der taz soll der Leiter des Amtes für Umwelt und Natur, Andreas Schütze, mehrfach Aufträge an seine Ehefrau Gudrun vergeben haben. Gudrun Schütze betreibt in Lichterfelde ein Büro für Landschaftsplanung.

Der Bezirksbürgermeister von Pankow, Matthias Köhne (SPD), dem Schützes Amt untersteht, bestätigte der taz, dass die bezirkliche Korruptionsbehörde inzwischen entsprechende Ermittlungen aufgenommen habe. Bereits am Montag seien Akten gesichert worden.

Wie die taz erfahren hat, soll es sich bei den Aufträgen um die Planung mehrerer Abschnitte des Radfernwegs Berlin–Usedom sowie die Aufwertung des Sportplatzes an der Pichelswerder Straße handeln. Gudrun Schütze erklärte auf Anfrage, dass daran nichts rechtswidrig sei: „Auch Bezirksbürgermeister Köhne hat von den Aufträgen Kenntnis gehabt.“ Köhne selbst behauptet, er habe lediglich davon gehört, dass das Büro von Frau Schütze auch für das Bezirksamt gearbeitet habe.

Amtsleiter Schütze arbeitet seit 2002 im Bezirksamt Pankow und gilt als Vertrauter Köhnes, der vor seiner Zeit als Bezirksbürgermeister Umweltstadtrat war. Gegenüber der taz erklärte Schütze, das seine Frau drei Aufträge bekommen habe. Er selbst habe diese aber nicht unterzeichnet, sondern sein Stellvertreter. „Ich habe mir da nichts vorzuwerfen.“

Das sieht Pankows Korruptionsbeauftragter Jan Hartwig anders. Die Vergabe von Aufträgen von Mitarbeitern des Bezirks an Ehegatten sei nicht zulässig. „Das ist immer ein Fall für den Korruptionsbeauftragten.“ Tatsächlich heißt es im Verhaltenskodex gegen Korruption, der nicht nur für Stadträte, sondern auch Mitarbeiter des Bezirks gilt: „Trennen Sie strikt den dienstlichen vom privaten Bereich.“

Nachspiel im Parlament

Der Radfernweg Berlin–Usedom wurde 2009 fertiggestellt. Er führt durch den Mauerpark, den Bürgerpark, die Schlossparks Pankow und Buch sowie über die Pölnitzwiesen. Anders als bei Wohngebieten ist bei Parks und Grünanlagen das Amt für Umwelt und Natur die auftraggebende Behörde.

Die Auftragsvergabe in der Abteilung des Bezirksbürgermeisters wird auch ein parlamentarisches Nachspiel haben. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Stefanie Remlinger, kündigte an, den Fall im Ausschuss für Finanzen, Immobilien und Personal der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am Donnerstag zur Sprache zu bringen: „Wir wollen wissen, wie konsequent die Sache aufgeklärt wird“, sagte Remlinger der taz. Das betreffe auch die Vorwürfe an den Bezirksbürgermeister. „Um jede Nähe zu diesem Fall widerlegen zu können, sollte Herr Köhne überlegen, ob er beim Rechnungshof eine Selbstanzeige erstattet“, so die Grünen-Politikerin.

Der zweite Teil der Familienförderung à la Pankow steht womöglich erst noch bevor. Neben zwölf weiteren Bewerbern hat sich auch Gudrun Schütze für eine Stelle als Bauleiterin im Grünflächenamt beworben.